Zwischen Baum und Borke: „Sylvia“- Ballett in der Deutschen Oper ***

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Grosser Auftritt des Berliner Staatsballetts in der Deutschen Oper – auch der Bundespraesident und seine Frau waren unter den Gaesten. Doch der Beifall hielt sich in Grenzen: Herzlich und bewundernd fuer die Taenzer, reserviert gegenueber dem Werk und seiner optischen Darbietung.

„Sylvia“ (Paris,1876) gehoert nicht zu den populaeren Klassikern, besitzt aber eine wunderbare Musik (Leo Delibes) und ein an den Haaren herbeigezogenes Libretto um eine pseudo-antike Love-Story zwischen einer Nymphe und einem Hirten. Herausgeputzt mit allerlei – fuer die damalige Zeit – hochmodischen Exotika. 1952 schuf der grosse britische Choreograph Frederick Ashton eine neue Version des beruehmten Stueckes fuer die damalige Londoner Primaballerina Margot Fonteyn. Diese Fassung hat nun das Berliner Staatsballett uebernommen, aber dabei einen grundlegenden Fehler begangen: gute Choreographien sind zeitlos, aber Austattungen unterliegen dem gleichen rapiden Verfall wie die aktuelle Mode. Das heisst: Ashtons Tanzerfindungen sind heute wie gestern von grosser Erfindungskraft und schier unglaublich eleganter, fluessiger Erzaehlweise. Aber seine Ausstattung wirkt wie eine Mischung aus Wedgwood und Queen-Mum – stockkonservativer alt-englischer Geschmacks-Plunder. Schade, die taenzerischen Hoch-Leistungen von Polina Semionova (Sylvia), Vladimir Malakhov (Aminta) oder Ibrahim Oenal (Orion) haetten bei pfiffigerem und modernerem Buehnenbild und Kostuem zu einem weitaus besseren Gesamt-Eindruck verholfen – denn, ums noch mal zu betonen, Ashtons Tanz-Inszenierung ist nach wie vor genial – auch wenn „Sylvia“ nicht unbedingt zu den ganz grossen Klassikern gezaehlt werden muss. Eine (leider) zur Haelfte verschenkte Chance!

Foto:E.Nawrath