Idylle mit Penner: Zemlinsky’s „Der Traumgoerge“ in der Deutschen Oper Berlin **

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Grosser Beifall fuer Alexander von Zemlinsky’s fast unbekannte Opern-Musik und deren schoener Verlebendigung durch Saenger und Musiker unter der sensiblen Leitung des kanadischen Dirigenten Jacques Lacombe. Irritation dagegen ueber die unverstaendliche szenische Modernisierung der romantischen Geschichte durch den Regisseur und Choreographen Joachim Schloemer.

Der Traumgoerge“ entstand im Wien um 1900 (Urauffuehrung erst 1980) und zeigt indrei Bildern die Lebens-Geschichte eines vertraeumten jungen Mannes, eine Art Sinn- und Selbstfindung. Er flieht an seinem Hochzeitstag aus seinem Dorf, wird dann an anderem Ort in einen sozialen Aufstand verwickelt, in dem er die realen und auch duesteren Seiten der Welt erkennen muss und kehrt daraufhin in die Idylle des einfachen Lebens zurueck. Eine ziemlich krude Story, in er sich philosophisches, psychologisches und aesthetisches Gedankengut seiner Zeit seltsam vermischen. Doch die spaetromantische Musik umhuellt und ueberhoeht alles mit schwelgerischen und raffiniert gewuerzten Klaengen: eine symphonisch ausladende Oper des Jugendstil. Regisseur Schloemer versucht dieses spaet-romantische Weltbild ins Heute zu uebersetzen: in einer grauen Betonhalle fuehren Rolltreppen zu einem breiten Ausgang, der gelegentlich mittels Scherengitter geschlossen wird. Buero-Angestellte umwuseln Goerge,der gleich einem Autor Manuskriptblaetter sortiert. Spaeter bevoelkern junge Scater und alte Penner den kahlen Ort, Goerge scheint heruntergekommen, rettet aber eine junge Streunerin vor einer wilden Revolte. Im letzten Bild sitzt er – alt geworden – bei einem friedlichen Picknick zwischen einheitlich gekleideten Menschen, laut Programmbuch zum (gefaehrlichen?)Sektenfuehrer geworden. Doch diese abstrakt-gedankliche Deutung und die symbolhaften,kalten Bilder erschliessen sich kaum, erscheinen willkuerlich und raetselhaft. Dem unbekannten Werk Zemlinsky’s erweist die Inszenierung einen schlechten Dienst.Der potentielle Opernbesucher wird durch solch szenisches Raetselraten eher abgeschreckt. Schade waere das, denn musikalisch hat diese Zemlinsky Auffuehrung Wunderbares und Hochinteressantes zu bieten.

Foto: Deutsche Oper