Zwischen Seilen und Faeden: Wagner’s „Der fliegende Hollaender“ in Neustrelitz ****

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Eine ungewohnte, neue Sicht auf Richard Wagners populaere Oper bietet die Choreographin Arila Siegert in einer begeistert gefeierten Neuinszenierung in Neustrelitz. Aus der romantischen Ballade Wagners filtert sie ein abstaktes, bildmaechtiges Drama – die Geschichte eines Ausgestossenen, eine Fluechtlings, die auch heute noch aktuell erscheint.

Seile und Balken beherrschen die bis auf die Brandmauer aufgerissene Buehne. Im magischen
Blau des Raumes leuchten goldgelb die Fenster eines winzigen Haeuschens. Drei Nornen spinnen den Mythos fort: wie eine – durch ihre kleinbuergerliche Umgebung frustrierte – junge Frau im fremden Hollaender die Moeglichkeit erblickt,auszubrechen, und wie sie am Schluss nicht im Selbstmord endet, sondern mit ihm in eine ungewisse Zukunft fortzieht. Dieses in sich stimmige Konzept vermittelt die Regisseurin in halb expressionistischen, halb symbolgeladenen Bildern und Bewegungs-Arrangements (Buehne:Hans-Dieter Schaal). Am eindrucksvollsten in den Chorszenen: Die Spinnerinen hangeln sich an einem dicken Seil entlang,fesseln oder werden gefesselt, die Matrosen tanzen oder klettern in roten Nebelschwaden – wild bis zum Exzess.
Die Fuehrung der Solisten ist klar und schnoerkellos, verdeutlicht ganz direkt die jeweiligen Charaktere und ihre Beziehungen zueinander.
Die musikalische Leitung (Stefan Malzew) und das gut disponierte Orchester unterstuetzen die Regie vorzueglich. Die Saenger ueberzeugen vorwiegend als Darsteller, Michael Junge als glatzkoepfig-rauher Hollaender, Larysa Molnarova als sanfte,aber willenstarke Senta – stimmlich haben sie jedoch mit einigen Problemen zu kaempfen.
Insgesamt eine effektvolle und kluge – ins Heute zielende – Deutung von Wagner hochromatischer Oper.

Foto:Mecklenburgisches Landes-Theater Neustrelitz