Kuehles Kammerspiel: „Yella“ von Christian Petzold**

yella.jpgYella, eine noch junge Frau, lebt in der ostdeutschen Provinz. Die Firma ihres Mannes ging Pleite, ihre Ehe in die Brueche. Sie hat sich deshalb um die Stelle einer Buchhalterin in Hannover beworben. Doch bei ihrem Dienstantritt findet sie nur den Gerichtsvollzieher vor. Im Hotel lernt sie den smarten Philipp kennen, der fuer eine Gruppe arbeitet, die Firmen in akuter Finanznot Kredite gegen Unternehmensbeteiligung vermittelt. Yella wird erst seine Sekretaerin, dann Komplizin und Geliebte, die ihrerseits zu betruegen beginnt oder marode Gegenspieler eiskalt erpresst. Aber sie lebt auch in Angst, hoert gelegentlich seltsame Geraeusche oder glaubt sich von ihrem eifersuechtigen Ehemann verfolgt. Am Ende ereignet sich ein toedlicher Verkehrs-Unfall und enthuellt die ganze Geschichte als eingebildete Wahn- oder Schreckensvorstellung der sterbenden Yella. So kunstvoll ausgedacht wie diese dramaturgische Struktur, so kuenstlich bleibt der ganze Film. Eine in sich abgeschlossene Welt von Wirtschaftsbetruegern in neutralen Hotelhallen und schicken Bueros, oder – ueber weite Strecken – bei endlosen Autofahrten. Kontrastiert von einigen wenigen Bildern der immer noch aermlichen ostdeutschen Kleinstadt Wittenberge und den saftig-gruenen Elbauen. Die Dialoge klingen oft papiern, was sich besonders bei den knapp gezeichneten Nebenrollen stoerend bemerkbar macht. Die Inszenierung selbst besticht durch ihre schnoerkellose und geradlinige Erzaehlweise und durch manch praezis beobachtetes Detail. Was aber den Film bemerkenswert macht, ist die ueberzeugende Verkoerperung der beiden Hauptfiguren. Nina Hoss blickt mit grossen dunklen Augen auf ihre Umwelt, scheinbar naiv und mitleid-erweckend, signalisiert aber gleichzeitig messerscharfem Verstand und intuitiven Durchblick. Der Philipp des Devid Striesow ist die klischeehaftere Rolle, aber der Schauspieler zeigt nicht nur die glatte Routine des ausgebufften „Brookers“, sondern auch den melancholischen Charme eines Jungen, dem seine „Profession“ ueber den Kopf waechst.
Christian Paetzold’s „Yella“ erzaehlt eine aktuelle und interessante Geschichte – aber so kunstvoll-kuenstlich, dass alle Vitalitaet, alles echte Leben dem Film entgleitet und er dadurch insgesamt einen zwiespaeltigen Eindruck hinterlaesst.

Foto: Hans Fromm