Immer an der Wand lang… : Mozart’s „Don Giovanni“ in der Staatsoper **

giovanni_x.jpgEine leere Buehne im blaeulichen Daemmerlicht. Eine hohe schwarze Mauer schiebt und dreht sich staendig durch diesen naechtlichen Raum. Um diese massive Wand herum tasten sich oder hasten die Personen der Oper, gelegentlich kauern sie sich auch davor nieder. Ein erotisches „Baeumchen-wechsle-dich“-Spiel ,ein Suchen und Abstossen unterschiedlicher Partner, alles attraktive, junge Leute, modisch-schick gekleidet, ganz in schwarz oder weiss. Peter Mussbach’s Inszenierung – eine Koproduktion mit der Mailaender Scala, wo sie im letzten Jahr Premiere feierte – ist elegant und verbluefft durch mancherlei Effekte (Donna Elvira faehrt „Vespa“!), zeigt viel Oberfaechenglanz aber kaum Tiefe. Aehnliches laesst sich ueber die musikalische Gestaltung sagen. Daniel Barenboim dirigiert klangschoen und routiniert, ueber seine Tempo-Relationen mag man streiten, aber seiner Interpretation von Mozarts vieldeutigem Werk mangelt es an Schaerfe und Feuer. Rene Pape ist ein ausserordentlicher Saenger, doch seinem Don Giovanni gebricht es – trotz Macho-Attituede im schwarzen Leder – an erotischer Ausstrahlung. Ueberzeugender vermag Hanno Mueller-Brachmann seinen jugendlich-aufmuepfigen Diener Leporello zu zeichnen und Pavol Breslik beweist als Don Ottavio kraftvolle Standhaftigkeit (ein lyrischer Tenor mit heldischem Kern). Die Damen-Riege (Anna Samuil, Annette Dasch, Sylvia Schwartz) ist huebsch anzusehen, besitzt schoene Stimmen, bleibt aber – vor allem musikalisch – ausdrucksarm und fast ohne Persoenlichkeit oder Individualitaet. Fazit: ein auf Hochglanz polierter „Don Giovanni“, adrett und gefaellig, jedoch ohne erotische Gefaehrlichkeit, ohne menschliche Abgruende, ohne erregende Vieldeutigkeit – kurz: harmlos und jugendfrei.

Foto: Ruth Walz / Staatsoper Berlin