Zerschossene Tatoo’s : „Toedliche Versprechen“ von David Cronenberg****

tf6dlicheversprechen_poster02.jpgEin Gangsterdrama im Milieu der Londoner Russen-Maffia. Eine unbekannte junge Frau stirbt bei der Geburt ihres Kindes, der Hebamme bleibt zur Identifizierung nur ein Tagebuch in russischer Sprache. Bei der Suche nach einem adaequaten Uebersetzer geraet die Hebamme – ueberzeugend, weil ganz unpraetenzioes gespielt von Naomi Watt – an den Boss einer russischen Maffia-Bande, die mit Maedchen und Drogen handelt. Die Tote erweist sich als von dieser Bande misshandelte und zur Prostitution gezwungene Ukrainerin, ihr Kind wurde bei einer Vergewaltigung durch den Boss erzeugt. Natuerlich werden die unfreiwillig ins Verbrecher-Milieu geratene Hebamme ebenso wie das gefaehrdete Baby, das als moegliches Beweisstueck beseitigt werden soll, gerettet und die boesen Gangster schachmatt gesetzt. Insofern entspricht der Plot den genre-ueblichen Konventionen. Auch das Milieu scheint gelaeufige Klischees zu bedienen, zumal jeder politische Aspekt ausgespart bleibt, bis auf eine Nebenfigur, die angeblich einst fuer den KGB gearbeitet hat. Was den Film jedoch interessant macht und ueber durchschnittliche Ware erhebt, sind die Details der Inszenierung. Zwar verzichtet der kanadische Regisseur David Cronenberg auf sein bekanntes Markenzeichen surrealer Effekte, aber er zeigt Szenen von aussergewoehnlich filmischem Raffinement. Etwa einen rasanten Mordversuch in einer oeffentlichen Sauna zwischen Dampf,Blut und nackten Koerpern oder das fast magischen Ritual einer Taetowierung, bei der die eingeritzten Zeichen gleichsam Rang und Stellung innerhalb des Gangster-Clans darstellen. Perfekt wird die brillante Inszenierung durch die geschickte Auswahl exzellenter Darsteller. Neben Naomi Watt sind dies Armin Mueller-Stahl als Maffia-Boss – ein Wolf im Schafspelz – , Vincent Cassel als sein exzentrischer Sohn, der seine Homosexualitaet durch brutales Verhalten zu kaschieren versucht und ganz besonders Viggo Mortensen in der Rolle des glatt-gegeelten Fahrers, dessen zwielichtiges und abstossendes Verhalten – etwa beim Beseitigen von tieggekuehlten Leichen – aeusserst irritiert. Insgesamt ein Gangsterfilm, der stark dem Mainstream verpflichtet ist, aber in vielen Passagen durch virtuose Regie und starke Darsteller fasziniert.

Plakat / Verleih: Tobis