Schickes Seelenleben: „Trip to Asia“ von Thomas Grube***

triptoasia_poster_01.jpgWer mit klassischer Musik und den Berliner Philharmonikern nicht viel am Hut hat, der darf zumindest einen langen, hochglanzpolierten Video-Clip ueber eine Konzertreise in sechs ost-asiatische Metropolen bestaunen – bunte Bilder und elegante Impessionen aus China, Korea, Taipeh und Japan (im November 2005). Wer aber Freund und Liebhaber des beruehmten Orchesters ist, dem bietet sich ein zwar nicht allzu tiefer, aber doch in dieser Form noch nicht gekannter Einblick in das Innenleben dieser demokratisch verfassten Musikergemeinschaft. Regisseur Thomas Grube („Rhythm is it!“) hat mit rund einem Viertel der Musiker, darunter vier in ihrem Probe-Jahr, ausfuehrliche Interviews gefuehrt und die Antworten in lockerer Folge als Kurz-Schnipsel zwischen die Reise-Impessionen geschnitten. Da erfaehrt man dann allerlei Interessantes ueber das Leben und den Beruf von Ausnahme-Musikern: den Leistungsdruck unter dem sie staendig stehen, und der im Alter noch zunimmt; den Egoismus, der zur Durchsetzung kuenstlerischer Ansprueche offensichtlich erforderlich ist; die aufreibende Spannung zwischen Wahrung der kuenstlerischen Individualitaet und der geforderten Unterordnung im Zusammenspiel. Auch ueber die physische und psychische Belastung einer solchen Gross-Tournee mit Jetlag und strengem Zeit-Plan klagen die Orchesterspieler; ueber die staendige Anstrengung das ueber 100 Frauen und Maenner (aus unterschiedlichen Nationen) starke Ensemble bei Laune zu halten und zur Hoechstform motivieren zu muessen, spricht ein nachdenklicher Simon Rattle. Allerdings wirkt durch die kurz geschnittenen Antworten mancher Satz sehr praetenzioes oder (Zen-)philosophisch geschwollen. Besonders die Musik von Richard Strauss („Ein Heldenleben“), die ueberwiegend den Bildern und Worten unterlegt wird, bewirkt einen unangenehmen Zug ins Pathetische und macht gelegentlich aus der interessanten Reportage ueber das Innenleben des Orchesters einen zwar attraktiven und effektvollen, aber auch oberflaechlichen Werbe-Film zugunsten der Berliner Philharmoniker und ihres vielfaeltig engagierten Dirigenten Simon Rattle.

Plakat / Verleih: Pfiffl-Medien