Poetische Augen-Blicke: „Schmetterling und Taucherglocke“ von Julian Schnabel***

schmetterlingundtaucherglocke_poster_02.jpgEine wahre Geschichte: der knapp 40-jaehrige Chefredakteur der franzoesischen Modezeitschrift „Elle“, Jean-Dominique Bauby, erleidet einen Schlaganfall und ist total gelaehmt. Er hoert zwar, was Aerzte, Pfleger oder Freunde zu ihm sprechen, selbst vermag er aber nur durch das Zwinkern mit dem linken Auge zu antworten. Mit dieser komplizierten, aeusserste Geduld fordernden Methode „diktiert“ er seine Autobiographie. 1997, wenige Tage nach Erscheinen des Buches stirbt er, wahrscheinlich an einer Lungenentzuendung. Der amerikanische Maler und Filmregisseur Julian Schnabel hat daraus, zusammen mit Drehbuchautor Ronald Harwood und Kameramann Janusz Kaminski, einen sehr zarten und poetischen Film gestaltet, in dem die Realitaet der Krankenhauswelt mit dem inneren Monolog des Gelaehmten raffiniert verblendet werden. Diese – von keinem Aussenstehenden zu hoerenden – Gedanken und Saetze kommentieren den Klinik-Alltag oft auf sehr trockene oder gar sarkastische Weise. Kurze Rueckblenden schildern Szenen aus dem Berufs-oder Familien-Alltag, anderseits zeigen traum-aehnliche Bild-Sequenzen (auf eher abstrakte Weise) die Aengste und Hoffnungen Bauby’s: eine sinkende Taucherglocke im Meer, die leicht und luftig flatternden Schmetterlinge, auseianderbrechende Packeis-Berge. Immer wieder tauchen Freunde am Krankenbett auf, sei’s ganz real wie Frau und Kinder, oder als Stimmen am Telefon: der Vater, die Geliebte. Aus all diesen unterschiedlichen Perspektiven setzt der Regisseur die Geschichte eines Mannes zusammen, der zu spaet den Sinn seines Lebens erkennt. Ein Film ohne Pathos und falschem Mitleid : ein trockener Humor und die phantasievoll, farbige Bildgestaltung ergeben – bei allem tragischen Ernst – das Portraet eines Menschen, der durch das schwierige „Schreiben“ seiner Biographie dem Schicksal so erfolgreich wie moeglich trotzt. Wie erwaehnt: eine wahre Geschichte, von Julian Schnabel und seinem Team einfallsreich und virtuos bebildert – aber eher kunstvoll und vorhersehbar; jedoch nur in einigen Momenten ( z.B. Szenen mit dem Vater) ereignet sich die verstoerende Magie und bewegende Kraft grosser Film-Kunst.

Plakat / Verleih: ProFilm