Laut und konfus: „Turandot“ in der Deutschen Oper Berlin *

turandot_a.jpgStatt bombastischer Chinoiserien -  ein muffiger Saal mit Waenden aus hellen Sperrholzplatten.Schwarze Plastikstuehle fuer den Chor, der in biederer Freizeitkleidung das Publikum spielt, das einer schlichten Raetsel-Show auf der Vorderbuehne zuschaut. Hinten hoch in der Wand ist ein schmales Fenster, hinter dem – vom Volk getrennt und geschuetzt – der Kaiser und sein Stab (dunkler Anzug mit Orden) ebenfalls das toedliche Ratespiel verfolgen. Auftritt Turandot, blond im schwarzen Cocktail-Kostuem; sie setzt sich an einen kleinen Tisch und stellt dem im Smoking erscheinenden Kalaf die Fragen. Nachdem er sie geloest und seinerseits nun Turandot das Raetsel nach seinem Namen aufgibt, faellt krachend und hochsymbolisch die Hinterwand um und gibt den Blick auf die leere Buehne und auf die jetzt schlafende Turandot frei. Nachdem diese erwacht, und den Morgenmantel angezogen hat, laesst sie noch rasch die kleine Liu foltern, bevor diese sich erdolcht und als frische Leiche aufgehaengt wird. Doch die Liebe loest alle Raetsel, Kalaf und Turandot- im weissen Brautkleid – feiern Hochzeit und Kaiser-Kroenung, nachdem sie noch rasch den jeweiligen Vater ermordet haben. Und das Volk jubelt.
Diese krause Mischung aus Melodram und Gewalt-Krimi, Sozialkitsch und Parodie hat sich Regisseur Lorenzo Fioroni („Simon Boccanegra“) erdacht: viele Einfaelle, aber wenig durchdacht und schon gar nicht auf einen Nenner gebracht. Dazu eine betont haessliche Ausstattung : konfuser und auch buehnentechnisch mangelhafter hat sich Puccinis letzte Oper selten praesentiert. Gluecklicherweise kann die musikalische Seite einiges ausgleichen. Der erfahrene Dirigent Pinchas Steinberg bringt Chor und Orchester „maechtig auf Vordermann“, sorgt fuer Schwung und Raffinement – auch wenn oft zu laut musiziert wird. Turandot (Lise Lindstrom) und Kalaf (Marco Berti) wetteifern im musikalischen Toene-Stemmen, waehrend zarte Passagen nur der wie ein Schmuddel-Kind kostuemierten Liu (Inna Los) zugestanden werden. Auch das uebrige Ensemble, einschliesslich der als schrille Doppelgaenger der Hauptpersonen eingesetzten drei Minister, schlaegt sich wacker und erzielt so zumindest musikalisch wirkungsvolle Effekte. Ob dieser Effekt allerdings dem Haus in der Bismarckstrasse „Zukunft Gosse Oper“ (so das hauseigene Marketing) beschert, bleibt nach dieser Auffuehrung aeusserst fraglich.

Foto: Bettina Stoess/stage picture / Deutsche Oper Berlin