Baerenfell und Designer-Sofa: „Die Walkuere“ im Staatstheater Cottbus ***

walkuere_2.jpgVor genau 100 Jahren wurde das schoene Jugendstil-Theater in Cottbus eroeffnet – jetzt feiert das frisch renovierte Drei-Sparten-Haus dieses Datum mit einer Reihe von festlichen Veranstaltungen und Premieren. Hoehepunkt ist eine Inszenierung von Richard Wagners „Walkuere“ – eine enorme Herausforderung fuer ein mittleres Theater wie Cottbus. Aber nachdem bereits vor einiger Zeit das „Rheingold“ , der kurze Vorabend der Ring-Tetralogie, in einer halbszenischen Auffuehrung mit grossem Erfolg herausgebracht wurde, sollte nun zum Jubilaeum die Fortsetzung folgen. Dazu bedient man sich eines kleinen Trick’s: das grosse Orchester, fuer das der Graben viel zu eng ist, wird auf der Buehne plaziert, die Saenger agieren davor, auf dem ueberbauten Orchestergraben. Das bringt natuerlich einige Probleme fuer die musikalische Balance und den von Wagner geforderten Mischklang. Aber der neue Dirigent und Musikdirektor des Hauses, Evan Christ, gleicht diese Nachteile mit Umsicht und Geschick aus. Und das Orchester spielt mit viel Klanggefuehl und spuerbarem Engagement, auch wenn im Laufe den langen Abends einige Ermuedungs-Erscheinungen nicht zu ueberhoeren sind.
Martin Schueler, der Regie fuehrende Intendant, liess auf der – mit ein paar hellen Designer Moebeln  ausstaffierten Vorderbuehne – ein Konversations-Stueck spielen, gleichsam Liebes- und Eheprobleme im buergerlich-schicken Salon. Weisser Anzug oder Abendkleid, Sonnenbrille und Aktenkoefferchen sind die modischen Attribute der Goetter, Sigmund traegt Lederhemd und Rasta-Locken und gelegentlich streift man sich mit ironischem Augenzwinkern ein Baerenfell ueber. Kein germanisch-mythisches Welten-Drama wird verhandelt, sondern Glanz und Elend machtbewusster Zeit-Genossen, Liebe und Intrigen im heutigen Ambiente. Ein durchaus aktueller Blick auf Wagners philosphisches Werk, effektvoll und unterhaltsam. Zwei herausragende Saenger verleihen der Auffuehrung feinen Glanz: Anna Sommerfeld als strahlende Sieglinde und Karsten Mewes als energischer Macho-Wotan. Auch das uebrige Ensemble kann sich – mit einigen Einschraenkungen – sehen und hoeren lassen und garantiert so dem 100jaehrigen Theater einen schoenen Erfolg.

Foto:Marlies Kross/Staatstheater Cottbus