Kein Glueck im Spiel: „Pique Dame“ in der Komischen Oper *

Peter Tschaikowkys „Pique Dame“ (uraufgefuehrt 1890) spielt im zaristischen Russland des 18.Jahrhunderts. Hermann, ein deutscher Offizier, verliebt sich in Lisa, die Verlobte eines adligen Freundes, und sucht deshalb Geld im Spiel zu gwinnen. Lisas Vormund, eine alte Graefin, soll angeblich um eine Glueckzahlen-Kombination wissen, doch als Hermann sie deswegen bedroht, stirbt sie vor Schreck. In seinem Wahn glaubt er dennoch die gewinnversprechenden Zahlen zu erkennen, stoesst die entsetzte Lisa beiseite, und setzt am Spieltisch auf die Glueckskarten. Doch die dritte Karte sticht nicht – statt dem As erscheint die Pique Dame. Hermann toetet sich.
Regisseur Thilo Reinhardt versetzt die Handlung auf eine (sicherlich sparsame) Einheitsbuehne: eine duestere Hotel-Lobby mit dem Charme des „Realen Sozialismus“. Auch die Gesellschft, die darin herumwuselt und sich – der Enge wegen – aneianderquetscht, wirkt in ihren protzigen Klamotten und biederen Anzuegen recht halbseiden. Dadurch entfallen wesentliche soziale und psychologische Koordinaten, die Personen verlieren ihre innere Stimmigkeit, werden unglaubwuedig. Hermann ist (auch koerperlich) ein kleiner, vertrottelter Spieser im Trenchcoat, Lisa eine walkuerenhafte Blondine im weissen Pelz. Nur die Graefin – hochtoupiert, silbernes Paillettenkleid – strahlt eine gewisse elegante Wuerde und Autoritaet aus: Anja Silja – erstmals als Gast in der Behrenstrasse – verkoerpert mit bruechiger Stimme diese kleine Rolle aeusserst buehnenwirksam und macht verstaendlich, dass ihre Graefin einst die „Venus von Moskau“ genannt wurde.
Szenisch wie musikalisch kocht der Abend auf Sparflamme. Zwar singen und spielen Chor und Orchester mit grosser Praezision, aber die Saenger bleiben Mittelmass oder sind – trotz ihres engagierten Einsatzes – falsch besetzt (Kor-Jan Dusseljee als Hermann, Orla Boylan als Lisa). Dirigent Alexander Vedernikov begleitet die intimen Szenen sehr transparent, die grossen Ensembles klingen dagegen recht pauschal und zu laut.
Tschaikowskys „Pique Dame“ tut sich immer schwer auf den deutschen Buehnen. Die Produktion der Komischen Oper bestaetigt die ihr nachgesagte Langeweile aufs Neue.

Foto:Komische Oper Berlin