Poetische Zeitmaschine: „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ von David Fincher ***

Zu Beginn wird eine pompoese Uhr in der Bahnhofs-Halle von New Orleans enthuellt – doch die Zeiger laufen rueckwaerts. Ebenso geht es der Lebensuhr des am Ende des 1.Weltkrieges geborenen Benjamin Button: als Greis in Babygestalt verjuengt er sich im Lauf der Jahre bis er als dementes Baby stirbt. Ausgesetzt von seinem entsetzten Vater – einem Knopf-Farikanten – waechst er in einem Altersheim auf, aber waehrend die skurilen Alten (einschliesslich der schwarzen Ziehmutter) langsam wegsterben, wird Benjamin immer juenger. Er verdingt sich als Matrose auf einem alten Schlepperkahn , wird im winterlichen Murmansk durch eine engliche Diplomaten-Gattin in die Liebe eingefuehrt (hervorragend: Tilda Swinton), trifft im euphorischen Amerika der 40er und 50er Jahre seine grosse Jugendliebe Daisy wieder,  reist spaeter – als er immer jugendlicher wird – gleich einem  Hippie durch die Welt, bis er als geistig vertrotteltes Kleinkind in den muetterlichen Armen der inzwischen alt gewordenen Daisy stirbt.
Regisseur David Fincher („Fight Club“, „Zodiac“) ezaehlt diese wundersame Geschichte ueber Jugend, Liebe und Tod sehr poetisch, zwischen Maerchenton und historischen Realitaeten. Bezaubernd und ueberraschend im Detail:  beispielsweise eine virtuose Bilder-Sequenz ueber den Zufall eines Autounfalls in Paris oder die slapstick-artigen Erinnerungs-Blitze eines Zimmergenossen im Altersheim. Doch der Film hat auch einige Schwaechen:  die Rahmenhandlung – kurz vor der Kathastrophe des Hurrican „Katrin“  2005  -  wirkt in ihrer Ausfuehrlichkeit bemueht, die computer-gepixelten Figuren des 1.Teils bleiben bei aller technischen Perfektion eher ein Kuriosum – erst als Brad Pitt (Benjamin) und Cate Blanchet (Daisy)  real auftreten, entwickelt der seltsame Fall seinen magischen Sog und entfaltet die sentimentalischen Qualitaeten eines beruehrenden Films. Kein philosophisches Meisterwerk – hier mangelt es dem Film etwas an geistiger Tiefenschaerfe,  aber dank seiner Detail-Vielfalt und seiner cinematographischen Farbigkeit  ein schoenes und unterhaltsames Kino-Epos in bester amerikanischer Tradition.

Poster-Foto / Verleih: Warner

zu sehen: Odeon (OmU); Astor; CineStar Cubix; International; Die Kurbel; Neues Off; Kulturbrauerei; Zoo Palast u.a