Mit harten Bandagen: „The Wrestler“ von Darren Aranofsky ****


Vor vielen Jahren war der Wrestler Randy ein Star seiner Zunft,  jetzt tritt er nur noch an Wochenenden in kleinen, schaebigen Hallen auf:  irgendwo an der amerikanischen Ostkueste. Sein massiger Koerper ist ruiniert von Aufputschmitteln wie von den groben, oft blutigen Kaempfen (auch wenn die Wrestler sich vorher absprechen). Nach einem besonders brutalen Show-Auftritt erleidet er einen Herzinfarkt. Der Arzt verbietet weiteres Auftreten. Randy,  der einsam in einem gemieteten Wohnwagen haust,  versucht sich als Verkaeufer  in der Feinkostabteilung eines Supermarkts (die langen blonden Haare unterm Schutz-Netz), scheitert aber rasch. Er sucht seine studierende Tochter (Evan Rachel Wood) auf, obwohl er sich bisher nie um sie gekuemmert hat. Die zunaechst erfolgreiche Wiederannaeherung misslingt aber durch eigene Fahrlaessigkeit. Die zweite Frau, zu der Randy eine Beziehung herzustellen versucht, ist die Stripperin Cassidy (zurecht oscarnominiert: Marisa Tomei). Fast spiegelbildlich zu ihm scheint auch sie fuer ihren Beruf zu alt. Verbittert darueber weisst sie – trotz Symphatie – ihn so lange ab, bis es zu spaet ist, und Randy zu einem letzten, fatalen Kampf in den Ring -  zu seinem Kumpels,  zu seinem Publikum – zurueckkehrt.
Eine boese Abrechnung mit Fitness-Wahn und Koerperkult,  die nicht nur in Amerika gegenwaertig so hohen Stellwert besitzen. Wer alt wird, wessen Fleisch nicht mehr straff anzuschauen ist, wird ausgemustert und einsam. Der 56-jaehrige Schauspieler Mickey Rourke ist die ideale Verkoerperung dieses Wrestlers. In den 80er Jahren einer der schoenen jungen Maenner Hollywoods („The Year of the Dragon“, „Barfly“) ruinierte er seine Karriere durch Boxkaempfe, Schoenheitsoperationen und Drogen-Exzesse. Sein ganzer Koerper ist gezeichnet und verleiht der dargestellten Figur eine fast unheimliche Praesenz. Die Kamera folgt ihm in den Kaempfen,  in den Aufwaerme-Raeumen wie in den trostlosen, winterlichen Stadtlandschaften hautnah und entwickelt dadurch einen reportage-artigen Erzaehl-Stil, der ebenso mitreissend wie authentisch wirkt. Auch wenn die Grundmuster des Drehbuchs gelegentlich etwas klischeehaft erscheinen:  der Furor der Bilder und die Intensitaet von Mickey Rourke’s Spiel gewinnen daraus eine ebenso kitische,  wie glaubhaft-pralle Film- und Lebenswirklichkeit. Nur fuer starke Nerven!

Foto/Verleih: Kinowelt

zu sehen: Babylon Kreuzberg (OmU); CineStar im SonyCenter (OF); Kulturbrauerei; Colosseum; Kurbel; Zoo-Palast u.a.