Stadttheater: „Der Vetter aus Dingsda“ in der Komischen Oper **

1921 hatte der Rheinlaender Eduard Kuennecke mit seiner neuen musikalischen Komoedie „Der Vetter aus Dingsda“ im Theater am Nollendorfplatz einen Riesen-Erfolg. Die Mischung aus gefuehlvollen Operetten-Melodien („Strahlender Mond“, „Ich bin nur ein armer Wandergesell“) und aktuell-fetzigen Tanz-Schlager im Foxtrott oder Tango-Rhythmus trafen den Nerv der Berliner „Golden Twenty’s“. Es ist ein leicht ironisches Verwechslungs-(Kammer)-Spiel um eine reiche hollaendische Erbin:  die gerade volljaehrige Julia wartet seit sieben Jahren auf ihren Verlobten Roderich, der einst ins exotische Batavia ausgewandert ist. Ihr Vormund und Onkel Josse will sie dagegen mit seinem – ihm unbekannten – Neffen August verheiraten, um dadurch seinen eigenen Lebens-Unterhalt zu sichern. Doch Julia haelt an ihrem Traummann fest, bis sich eines Tages gleich zwei junge Herren melden, die behaupten, Roderich zu sein…
Die noch junge Regisseurin Cordula Daeuper und ihr Team haben die schlichte Story ins Heute transportiert: statt mit dem Schiff kommt man per Flugzeug aus Batavia und die Sehnsucht nach ferner Exotik bedient man mit Bollywood-Filmen auf dem Gross-Bildschirm oder kostuemiert sich gelegentlich mit indischen Fummeln. Die Auf- und Abtritte von Onkel, Tante und dem Dienst-Personal erfolgen mittels Fahrstuhl zur Unterbuehne und aus dem originalen Himmelbett wird eine modische Haengematte. Doch die kleinenen Spaesslein und parodierenden Gags reihen sich brav und laenglich aneinander, die Zwischentexte scheinen endlos und schlecht artikuliert, lediglich das gut gelaunte Orchester unter dem schwungvollen Patrick Lange beweist Tempo und Schmiss. Die Darsteller, die gelegentlich auch ein paar Tanzschritte wagen, spielen recht forsch und munter, geizen aber durchweg mit stimmlichem Glanz: Christoph Spaeth (August), Julia Kamenik (Julia), Thomas Ebenstein (Roderich), Uwe Schoenbeck (Onkel Josse) u.a.
So wird aus einer kessen Berliner Musik-Posse ein mittelpraechtiger Stadttheater-Klamauk –
schade, Eduard Kuenneckes flotte Musik haette eine witzigere und pfiffigere Auffuehrung verdient als diese modisch-biedere Feierabend-Unterhaltung von fast drei Stunden Dauer.

Foto: Komische Oper/Wolfgang Silveri