Triumph des Orchesters: Haydn’s „Orlando Paladino“ in der Staatsoper **

Seinem 200.Todestag (31.Mai 2009) verdankt Joseph Haydn’s selten gespielte Oper vom Ritter Roland eine Neuinszenierung in Berlin. Doch auch die glanzvolle musikalische Praesentation durch Rene Jacob und das fabelhafte Freiburger Barockorchester kann dem halb ernsten, halb komischen Werk („Dramma eroicomico“) kaum zu Repertoir-Tauglichkeit verhelfen. Zu wirr ist das Libretto um den liebes-wahnsinnigen Roland, um seine angebetete Angelica und ihren Geliebeten Medoro, um seinen drolligen Diener Pasquale und die Zauberin Alcina. Zwar hat Haydn einige sehr huebsche Arien und Duette geschrieben, insgesamt aber ist die Oper (1782 uraufgefuehrt) noch ganz dem alt(modisch)en, barocken Schema verpflichtet, fuer heutiges Empfinden langatmig und undramatisch.
Das bewaehrte britische Regie-Duo Nigel Lowery / Amir Hosseinpour, das schon mehrfach an der Staatsoper gearbeitet hat („Rinaldo“, „Der geduldige Sokrates“),  blaettern einen maerchenbunten Bilderbogen auf: halb Struwelpeter (a la Tiger Lillies), halb Raeuber Hotzenplotz. Skurrile Gestalten huschen zwischen niedlichen Tannenbaeumchen, dunkler Schlossfassade und wallenden Nebelschwaden umher, Orlando traegt eine graue Zottel-Perruecke, sein sarazenischer Gegner erscheint im Piraten-Outfit. Modisch choreographierter Briten-Pop: nett und gefaellig, ein bisschen harmlos und albern.
Dass der Abend dennoch zum Ereignis wird, verdankt er ausschliesslich seinem unermuedlichen und agilen musikalischen Leiter Rene Jacobs und vor allem dem grandios spielenden Freiburger Barockorchester. Das gurrt und grummelt, zirpt und jubiliert, brilliert mit sattem, kernig aufgerauhtem Klang. Und Jacobs findet immer wieder neue, ueberraschende  Tempo-Abstufungen, laesst raffinierteste Farben leuchten. Dazu ein fein aufeinander abgestimmetes Ensemble ausgezeichneter Saenger: Tom Randle als kraftvoller Orlando, Victor Torres als sein rundlicher Diener Pasquale, die Damen Marlis Petersen (Angelica), Alexandrina Pendatchanska (Alcina) und Sunhae Im (Eurilla) mit gelaeufigen Gurgeln und glasklaren Koloraturen.
Haydn’s Orlando ist sicherlich kein Muss fuer Opernliebhaber, aber er zeigt das Freiburger Orchester und Rene Jacobs in Hochform: ein superber musikalischer Genuss – trotz dreieinhalb Stunden Dauer.

Foto: Ruth Waltz/Staatsoper

TV-Aufzeichnung bei ARTE am 25.5. um 22.25 Uhr