Elegantes Seelendrama: „Romeo et Juliette“ im Staatstheater Cottbus****

Die Oper „Romeo et Juliette“ des franzoesischen Komponisten Charles Gounod (Urauffuehrung 1867 in Paris) findet sich nur selten auf deutschen Spielplaenen. Umso verdienstvoller, dass das Cottbuser Theater diese Kostbarkeit seinem Publikum jetzt in einer ausserordentlich gelungenen Inszenierung vorstellt.
Gounod und seine Librettisten Jules Barbier und Michel Carre folgen zwar weitgehend der beruehmten Shakespeare-Tragoedie, setzten aber andere Akzente. Das Liebespaar steht beherrschend im Zentrum,  Neben-Handlungen und -Figuren sind gestrichen oder verknappt; Vater Capulet repraesentiert allein die zwei verfeindeten Familien, Tybald’s Tod erfolgt fast nebenbei, – dafuer bekommt Romeo’s Diener ein sehr huebsches kleines Couplet – und auch Pater Laurent tritt nur kurz (und soweit wie es der Handlungsablauf erzwingt) in Erscheinung. Die gesellschaftlichen Momente spielen keine wesentliche Rolle, es geht vor allem um die Gefuehle der jungen Liebenden, die in vier grossen, weitausschwingenden Duetten ihre Emotionen verstroemen – wobei Gounod den beiden im Gegensatz zu Shakespeare noch eine letzte lyrische Verklaerung im gemeinsamen Anblick des Todes goennt: toujours l’amour.
Intendant Martin Schueler laesst die Story in leicht stilisierten, geschickt ausgeleuchteten Bildern ablaufen. Ein paar Requisiten deuten die jeweiligen Raeume an – Ballsaal,Strasse,Kirchengruft – , die Kostueme sind elegant, aber zeitlos: dunkle Roben fuer die Damen, schwarze Anzuege fuer die Herrn – nur Julia erscheint in leuchtendem Rot oder strahlendem Weiss. Dazu eine klug-ausgefeilte Personenregie – so vital, beweglich und ueberzeugend sieht man Saenger selten gefuehrt, wobei die Koerpergestik ganz aus dem musikalischen Geschehen heraus entwickelt wird – ob es sich um effektvolle Chor-Auftritte handelt oder die intimen Begegnungen des Liebespaares.
Auch musikalisch ueberzeugt die Auffuehrung, die ueberwiegend in franzoesischer Sprache gesungen wird – was dem spezifischen Klang der Musik sehr zu Gute kommt. Nur die Rezitative bleiben Deutsch – ein Zugestaendnis an’s laendliche Publikum ?
Chef-Dirigent Even Christ und das Orchester musizieren stehts geschmeidig und flexibel, machen das emotionale Drama klangsinnlich erfahrbar. Chor und Solisten gestalten mit unterschiedlichem Geschick, aber insgesamt zutreffend  ihre jeweiligen Rollen.
Hervorragend aber Anna Sommerfeld, eine temperamentvolle, mehr dramatische als lyrische Julia, und Jens Klaus Wilde, ein Romeo mit schoenem, hell timbriertem franzoesischen Tenor-Klang. Ihr Spel, ihre Arien und Duette werden vom Publikum zu Recht mit grossem Beifall gefeiert.
Ein anregend-sehenswerter Opern-Abend im huebschen Jugendstil-Theater von Cottbus.

Foto: Staatstheater Cottbus/Marlis Kross

naechste Vorstellungen: 31.10. / 14.11. / 25.12. / 13.1.