Effektvoller Leerlauf: „Eonnagata“ im Haus der Berliner Festspiele *

Drei internationale Stars lernen sich kennen, planen ein gemeinsames Projekt : die franzoesische Ex-Primaballerina Sylvie Guillem, der britische Choreoraph (fuer zeitgenoessischen Tanz) Russel Maliphant und der kanadische Theater-Magier Robert Lepage. Enstanden ist eine Folge von Hochglanz-Szenen und schicken Bildern aus dem Leben des – ziemlich unbekannten – Chevalier d‘ Eon, Dipolmat und Spion fuer den franzoesischen Hof Ludwigs XV.
D’Eon zeichnete sich besonders dadurch aus, dass er laengere Zeiten seines Lebens in Frauenkleider auftrat und seine Umgebung nie wusste : war er ein Mann mit der Vorliebe, sein Geschlecht zu wechseln, oder war er eventuell eine Frau, die als Mann aufgewachsen und erzogen war?
Auf der dunklen Buehne schluepfen alle drei Darsteller – Guillem, Maliphant, Lepage – abwechselnd in die verschiedenen Rollen des Chevaliers, ohne dass sich daraus eine besondere Erkenntnis ergaebe. Hinzu kommen einige Szenen im Stil des japanischen Kabuki-Theaters (warum bloss?), wo Frauen durch Maenner dargestellt werden – Onnegata wird diese Spiel-Tradition genannt, und aus der Zusammenziehung der beiden Woerter „Eon“ und „Onnegata“ erklaert sich auch der seltsame Titel dieser pausenlosen 90-Minuten-Collage aus Tanz-, Fecht- und Spiel-Aktionen.
Raffiniert geschnittene Kostueme, die unterschiedliche Zeiten (vom Rokoko bis heute) zitieren, und eine ausgetuefftelte Lichtregie zaubern oft verblueffende Buehnen-Stuationen und reizvolle Effekte, insgesamt aber bleibt das Spektakel  wenig einsichtig, wirkt nach den ersten, verblueffenden Auftritten ziemlich langatmig und vermag kaum groesseres Interesse fuer das historische Zwitterwesen zu erwecken. Sich dehnende Sprechszenen (teils englisch, teils franzoesisch)  scheinen dilettantisch arrangiert und  vergroessern nur die Langeweile. Und alle drei Kuenstler sind in ihrer jeweiligen Profession reichlich unterfordert.
Ein ambitioniertes Tanz-Theater-Projekt endet so in aeusserlichen Effekten, und praesentiert statt theatralischer Magie  hochgestochenes Kunstgewerbe.

Foto: Erick Labbe / Berliner Festspiele

Gastspiel innerhalb der Reihe: spielzeit/europa vom 12.bis 15.11.2009