Ueber den Wolken: „Up in the Air“ von Jason Reitman ****

„Ueber den Wolken, da muss die Freiheit grenzenlos sein“ : der smarte Geschaeftsmann Ryan Bingham (hinnreissend: George Clooney) lebt nach dieser Devise;  er ist unverheiratet und 322 Tage des Jahres unterwegs, im Flugzeug,  im Mietwagen,  in Hotels – in der glaesern-schicken Welt der Kreditkarten und Nobel-Bars. Laessig geniesst Bingham dieses Leben,  laessig erledigt er auch seinen im Grunde unangenehmen Job:  er vermittelt naemlich Angestellten ihre Kuendigung ; Firmenchefs, die zu feige sind fuer diese Aufgabe, koennen ihn mieten. Mit aufmerksamer Freundlichkeit und kuehlem Charme erledigt er den jeweiligen Auftrag,  und verschwindet wieder im naechsten Flugzeug.
Bis ihm zwei Frauen in die Quere kommen. Zuerst verliebt er sich in Alex (elegant-ironisch: Vera Farmiga), eine selbstbewusste Blondine,  die gleich ihm in der Welt des fliegenden Business taetig ist,  die aber, wie er nach einigen gemeinsam verbrachten Hotel-Naechten zwischen den Fluegen feststellen muss, gluecklich verheiratet ist und  in ihm, dem erfolgsgewoehneten Macho,  nur eine gelegentliche Sex- Abwechslung sieht.
Entscheidender ist die Begegnung mit der ehrgeizigen Natalie (ueberzeugend: Anna Kendrick): eine frisch von der Ausbildung kommende Rationalisierungs-Expertin. Sie schlaegt der Firma vor, alle Kuendigungs-Gespraeche nur noch ueber den Bildschirm abzuwickeln, das erspare die hohen Reise- und Hotelkosten. Bingham sieht sein berufliches, wie privates Leben in Gefahr. Er versucht Natalie von ihrer Fehleinschaetzung seines Jobs zu ueberzeugen, indem er sie mitnimmt auf  seine naechsten Touren…
Der junge Regisseur Jason Reitman hat daraus ein kluge Komoedie mit witzig-geschliffenen Dialogen gemacht, ohne den ernsten Hintergrund zu verniedlichen: der bittere Beigeschmack, den Kuendigung und Massen-Entlassungen hervorrufen, wird nicht weg-retouchiert – allerdings auch nicht tiefergehend untersucht. Wie in allen Komoedien Hollywoods stehen Liebe und Ehe, die Frage nach Bindung oder individueller Freiheit im Mittelpunkt. So interessiert auch hier  vor allem -   wo und wie der flotte Junggeselle Bingham sein Glueck findet:  beim pikanten One-Night-Stand in tollen Hotels oder im trauten Familienkreis wie bei seinen beiden Schwestern – deren aeltere gerade den Aufstand in ihrer Ehe probt, waehrend die juengere einen sicherlich nicht sehr aufregenden Bund fuers Leben eingeht,  wie Bingham auf ihrer ziemlich spiessigen Hochzeitsfeier feststellen muss..
Dass die heikle Balance zwischen der boesen, wirtschaftlichen Wirklichkeit und den komoediantischen Liebesverwicklungen so elegant und intelligent aufgeht, verdankt der Film einerseits dem szenischen Einfallsreichtum seines Regisseurs, vor allem aber dem charmant-souveraenen Spiel George Clooney’s. Seine maennliche Ausstrahlung, seine elegante Haltung, seine ironische Intelligenz tragen und praegen die zuerst tempogeladene, am Ende nachdenkliche Komoedie. Doch auch die uebrigen Beteiligten haben gewichtigen Anteil:  von den raffinierten Bildern des Vorspanns bis zur letzten verbalen Pointe – ein ebenso sehenswerter und wie unterhaltsamer Ausflug in die Luefte ueber Amerika.

Foto/Verleih: Paramount

zu sehen: CineStar im Sony Center (OV); Babylon Kreuzberg (OmU); Central (OmU); Filmtheater am Friedrichshain (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Colosseum; Kulturbrauerei; Zoo Palast u.a.