Bunt und optimistisch: „Neukoelln Unlimited“ von Agostino Imondi und Dietmar Ratsch ***

Dokumentarfilm ueber die libanesische Familie Akkouch, die gegen ihre drohende Abschiebung kaempft.  Seit knapp 20 Jahren wohnt die – inzwischen vom Vater verlassene – Familie in Neukoelln , die kraenkliche Mutter lebt mit ihren sechs Kindern von der Sozialhilfe.
Im Mittelpunkt des Films stehen die Tochter Lial (19), die sich in der Ausbildung befindet, sowie die beiden aelteren Soehne Hassan (18), der sich aufs Abitur vorbereitet, und der 15jaehrige, immer wieder die Schule schwaenzende Maradona, das Sorgenkind der Familie.
Lial und Hassan versuchen auf Behoerden und bei sozialen Organisationen die Abschiebung zu verhindern, ihre begrenzten Aufenthaltsgenehmigungen zu verlaengern und die deutsche Staatsbuergerschaft zu erwerben. 2003 war die ganze Familie in schon einmal in den Libanon abgeschoben worden (im Film als gezeichnete Rueckblende zu erleben), aber nach kurzer Zeit wieder zurueckgekehrt.
Alle Kinder sind in Neukoelln aufgewachsen und haben sich – wie auch die Eltern – trotz ihres moslemischen Glaubens voll in die deutsche Gesellschaft integriert. Dies vor allem durch ihre musischen Taetigkeiten als Rapper und Hip-Hop-Taenzer. Zugleich kann Hassan mit einer Break-Dance-Gruppe in Berlin wie auf Gastspielreisen (u.a. in Paris) durch diese Shows einiges Geld verdienen, das der gesamten Familie zu Gute kommt, waehrend der wie ein kleiner Wirbelwind tanzende Maradona vom Fernsehn einen Talente-Vertrag bekommt. Und Lial lernt und verdient  zusaetzlich bei einem BoxerPromoter im Buero.
Der Film verzichtet auf jeden Off-Kommentar und laesst die drei Geschwister ihre Geschichten erzaehlen und nachspielen: frisch und unverkrampft;  die sehr sanftmuetig wirkende Mutter haelt sich dagegen mit ihren noch kleinen Kindern ganz im Hintergrund.
Zahlreiche, effektvoll-geschnittenen Tanz-und Musikszenen geben dem Film schmissigen Drive, die Dialog- und nachgespielten Szenen zeigen sehr deutlich:  einerseits die kaempferische Intelligenz der beiden aelteren Geschwister wie ihre vollkommenen Integration in die deutsche Gesellschaft, andererseits bieten sie – ohne zu ueberzeichnen – Einblicke in die meist freundliche aber umstaendliche und undurchschaubare Buerokratie der Berliner Behoerden.
Aeusserlich zeigt sich Neukoelln hier von einer attraktiven, gross-staedtschen Seite, seine Haeuser und Plaetze sind wie auf Hochglanz fotografiert, Schmuddeliges oder Randfiguren der Gesellschaft kommen nicht vor, der „soziale Brennpunkt“ spielt kaum eine Rolle.
Die flott geschnittene Dokumentation kozentriert sich ausschliesslich auf Probleme der Familie Akkouch, sowohl inner-familiaer wie auf ihren Kampf um den Aufenthalts-Status, ohne zu verallgemeinern. Am (gluecklichen) Ende triumphiert eine grosse Multi-Kulti-Froehlichkeit, die die rauhe Wirklichkeit scheint allzu rosig gefaerbt.
Dennoch : ein in seiner unpathetischen Menschlichkeit symphatischer Film – ein Neukoelln trotz aller Probleme zum Wohlfuehlen.

Foto/ Verleih: GMfilms

zu sehen: Broadway; Filmtheater am Friedrichshain; Central Hackescher Markt; Neues Off; Movimanto; Passage; Sputnik u.a.