Beklagenswerter Leerlauf: „Symphony of sorrowful Songs“ in der Staatsoper *

Zu Beginn des Abends liegt Vladimir Malakhov fast nackt in einem farblosen Plastiksack auf dem Buehnenboden. Zu den getragenen Klaengen der 3.Symphonie von Henryk Gorecki schaelt er sich langsam aus der Huelle, zieht ein Paar bereitstehende Stiefel an und stuelpt sich eine Russen-Muetze auf den Kopf. (Spaeter findet er -hinter der Buehne- auch noch eine dunkle Hose). Mit expressiven Koerperhaltungen, gespreizten oder abgewinkelten Bewegungen, marschiert er durch die folgenden Bilder, bis er am Ende -erschoepft? – sich den Plastiksack wieder ueberstreift und von einer Dame im schwarzen Abendkleid mit rotem Klebeband umwickelt wird.
Schmale, hohe Waende gleiten von rechts nach links und von oben nach unten, mal bilden sie so ein Kreuz, mal ein Gitter. Sechs Taenzerinnen, zuerst als gleichgekleidete, strenge Sekretaerinnen auf hohen Absaetzen, dann als Mannequins im kleinen „Schwarzen“ kostuemiert, schreiten als attraktive Chorus-Line durch den mal hell, mal dunkel ausgeleuchteten Buehnenraum. Als Gegen-Part zeigen sieben Taenzer viel nackte Brust oder fahren in weissen Matrosen-Anzuegen auf Fahrraedern recht geschickt umher. Zwischendurch gibt’s kleine Tanzeinlagen, einen Pas-de-Deux zwischen Malakhov und Nadja Saidakova, ein Trio aus drei sich umschlingenden und verknotenden Herren,  oder -  sozusagen als munteres Zwischenspiel – eine Tango-Nummer fuer das gesamte Ensemble.
„Eine Reise durch die Zeit“ wollte der rennomierte, slowenische Theaterregisseur Tomaz Pandur gestalten, unterstuezt vom choreographierenden, ehemaligen Star-Taenzer des Staatsballetts Ronald Savkovic. Doch die Bilder bleiben unklar und raetselhaft,  die Bewegungen beliebig und nichtssagend. Die Mischung aus Theater und Tanz, gesprochenem Wort (hier: Hanna Schygulla vom Band) und Musik sollte ein Aufbruch des Staatsballetts zu neuen Ufern sein, doch ein solches war auf diesen theatralischen Schmalspur-Pfaden kaum zu finden. Was bei einer so hochgesteckten Idee, ein philosophisches Phaenomen wie die Zeit auf der Tanzbuehne zu ergruenden, einfach misslingen musste.
Immerhin wurde es die kuerzeste Geschichte der Zeit seit Stephen Hawking:  nach 70 Minuten war Schluss!

Foto: Enrico Nawrath / Staatsballett Berlin