Die Suche nach dem perfekten Klang: “ Pianomania“ – Dokumentarfilm von L.Franck und R.Cibis ****

Ein Blick hinter die Kulissen des internationalen Konzert-Betriebes: spannend, witzig, beeindruckend. Im Mittelpunkt: Stefan Knüpfer, der sportlich-agile Klavierstimmer im Wiener Konzerthaus und „Cheftechniker von Steinway Austria“.  Auch wenn er sein Klavierstimmerhandwerk auf ganz traditionelle Weise ausübt und den Flügel für Lang Lang, Alfred Brendel oder Rudolf Buchbinder vor deren Auftritten feinfühlig präpariert, so ist er gleichzeitig auch viel mehr : nämlich „Mädchen für alles“ und guter Geist des Hauses. Er durchforstet die Lagerräume im Keller, um den geeignesten Klavierschemel für Lang Lang zu finden, er wählt die passensten Instrumente für den jeweiligen Pianisten aus oder baut – wenn nötig -  diese Instrumente kurzerhand um, wechselt Hämmerchen oder Saiten aus, alles um der jeweilige Klangvorstellung der Tastenlöwen möglichst perfekt nahezukommen. Und zwar mit viel Energie und Einfallsreichtum, unverkrampft und humorvoll – Stefan Knüpfer geizt nicht mit witzigen oder ironischen Anmerkungen zu seiner Arbeit.
Zentrum des mit grossem Bild- und Ton-Aufwand gedrehten und sensibel geschnittenen Films (Österreich, 2009)  ist die CD-Einspielung von Bachs „Kunst der Fuge“ durch den französischen Pianisten Pierre-Laurent Aimard. Die gemeinsame Arbeit von Knüpfer und Aimard beginnt schon viele Monate vor dem eigentlichen Produktionstermin. Die Suche nach dem passenden Instrument – Knüpfer testet und kauft sogar in Hamburg einen neuen „Steinway“ -, die Auswahl des geeigneten Raums im Konzerthaus  (Schubert -, Mozart – oder Grosser Saal), vor allem aber die Diskussion über die „Stimmung“ des Flügels.  Aimard wünscht sich für die einzelnen Sätze unterschiedliche „Stimmungen“ und versucht dies Knüpfer verbal klarzumachen – ein ziemlich schwieriger Vorgang:  was z.B. ist ein „atmender Ton“,  wie kann man einem modernen Flügel eine „Cembalo“-Stimmung verpassen ?
Dass diese Vorarbeit und ebenso die sich später anschliessende CD-Einspielung, bei der zwei sehr erfahren-clevere Toningenieure-/meister entscheidend mitmischen, – dass diese filmische Beobachtung einer künstlerischen Produktion ebenso lehrreich wie unterhaltsam ausfällt, liegt aber vor allem an den so kontrastreichen Charakteren der beiden Protagonisten: dem etwas kauzigen, aber immer um eine freundliche „Frage“ bemühten, hochsensiblem Aimard und dem jungenhaft-offenen und temperamentvoll-engagierten Blondschopf Knüpfer. Ein (filmisch gesehen) perfektes Gespann, das auch noch köstlich karikiert wird durch zwei Music-Clowns, für die sich der umtriebige Knüpfer allerlei komisch-groteske Instrumenten-(Bau)-Spässe einfallen lässt.

Auch wenn der „normale“ Zuschauer am Ende der Dokumentation die Unterscheidung der einzelnen Töne und „Stimmungen“ immer noch nicht nachzuvollziehen vermag, so gewinnt er dennoch einen ebenso vergnüglichen wie faszinierenden Eindruck von der hohen Schule des feinen Hörens.

Foto(Poster) und Verleih: Farbfilm

zu sehen: Kino in der Kulturbrauerei , Broadway,  u.a.