Nett und belanglos: ‚Ich sehe den Mann deiner Träume‘ von Woody Allen ***

„Sie werden einem grossen, dunklen Fremden begegnen“ („You Will Meet A Tall Dark Stranger“ -so der Originaltitel)  raunt die Wahrsagerin der frisch geschiedenen, ältlichen Helena zu, deren vermögender Gatte Alfie auf seine alten Tage noch einmal seine Manneskraft mit Hilfe einer jungen Blondine erproben möchte. Tochter Sally arbeitet in einer schicken Galerie, ihre bisher gewollt-kinderlose Ehe mit dem Erfolgs-Autor Roy jedoch kriselt, zumal dessen neuer Roman vom Verleger gerade abgelehnt wird. Roy sucht deshalb Trost bei der gegenüber wohnenden Musikstudentin Dia, die daraufhin ihre bevorstehende Hochzeit mit einem Brüssler Jung-Diplomatem zum Entsetzen der beiden Familien platzen lässt …
Liebes- und Eheprobleme unter gut situierten Mittelständlern im heutigen London. Am Ende scheint die Wahrsagerin fast Recht zu behalten: Helena trifft zwar nicht den geheimnisvollen, dunklen Fremden, aber einen kleinen Dicken ihres Alters, der ebenso an die esoterischen Fügungen glaubt wie sie. Demgegenüber landen die eher nüchtern denkenden und handelnden Personen wie Sally, Roy, Alfie oder Dia bei ihrer anstrengend-turbulenten Jagd nach dem Glück im Aus: Partner fort, Ehe futsch – was nun?
Mit filmischer Eleganz verfolgt Woody Allen seine Protagonisten bei deren Suche nach dem richtigen Partner durch ein sommerlich-mondänes London, schildert mit Witz und Ironie wie Paare aller Generationen Schein und Wirklichkeit verwechseln. Doch so richtig zünden wollen die verschiedenen, lose miteinander verbundenen Geschichten nicht – eine Erzähler-Stimme aus dem Off muss alles zusammenhalten. Man amüsiert sich über geschliffene Dialoge und satirische Details, aber je länger die diversen Ehe- und Sex-Geplänkel sich hinziehen, je uninteressanter und langweiliger erscheint dieses – oft komische und meist vergebliche -  Hasten nach dem persönlichen Glück.
Was den Film dennoch ansehnlich macht, ist das von Woody Allen mit wunderbarem Gespür zusammengestellte Star-Ensemble. Jede Rolle perfekt besetzt, ist es eine Wonne, dem Spiel der unterschiedlichen Typen zuzusehen. Gemma Jones als ängstlich-unsichere Helena, der Esoterik wie dem Wisky zugeneigt;  Anthony Hopkins als viagra-schluckender Möchtegern-Macho Alfie; Naomi Watts, eine nervös zwischen Galerie-Ehrgeiz und Ehe-Pflichten lavierende Sally;
Josh Brolin überzeugt als bulliger Versager-Autor Roy,  Antonio Banderas als elegant-glatter Galerist;  Freida Pinto zeigt gute Figur als exotisch-hübsche Gitarrenspielerin ebenso wie Lucy Punch als scharf-kalkulierende, blonde Nutte.
Man kann sich diesen neuen Woody-Allen-Fim ansehen, man muss es aber nicht. Scherz, Satire. Ironie – hier ohne tiefere Bedeutung.

Poster/Verleih:Concorde

zu sehen: u.a CineStar im Sony Center (OV); Babylon Kreuzberg (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Filmkunst 66; CinemaxX Potsdamer Platz; Kino in der Kulturbrauerei