Berliner Szenen-Leichtgewicht: ‚Drei‘ von Tom Tykwer ***

Hanna (Sophie Rois) und Simon (Sebastian Schipper) leben seit 20 Jahren in einer hübschen Berliner Altbauwohnung zusammen, ohne Kinder, ohne Ehering. Beide arbeiten im Kulturbereich  – sie als TV-Moderatorin, er leitet ein kleines Baubüro für junge Künstler -  materiell haben sie deshalb keine Sorgen. Man geht ins Kino, in Ausstellungen oder ins BE, man treibt Sport oder isst mit Freunden: gut-bürgerlicher Alltag der Post-68er. Bis sich beide – ohne vom anderen zu wissen – in den selben Mann verlieben: in Adam (Devid Striesow), einen Stammzellenforscher, der nach gescheiteter Ehe mal mit Männern mal mit Frauen schläft. Nach guter alter Lustspiel-Tradition kommt’s dadurch zu allerlei Verwicklungen und komischen Turbulenzen, bis am glücklichen Ende nicht nur eine flotte ‚Menage a trois‘ eingegangen wird, sondern Hanna auch noch ein Zwillings-Pärchen erwartet.
Diese neu-alte Beziehungs-Komödie spielt vor hübsch aufgeputzter Berliner Szenen-Kulisse, vom Mauerpark bis zum Badeschiff, mit kleinen Ausflügen ins Brandenburger Umland oder an die Ostsee;  zeigt mit leicht ironischem Blick  Leben, Lieben und Marotten der „angesagten“ Kultur-Schickeria.  Wobei die inneren Probleme der Drei mit ihrer Sexualität kaum eine tiefere oder psychologische Rolle spielen, es geht hier lediglich um eine überraschende, schicke Abwechslung – eine modische Beziehungskiste eben – eine kuriose Dreiecksgeschichte konstruiert wie auf den Schwank-Bühnen von anno dunnemals .
Leider glaubt Regisseur Tom Tykwer, diesen flotten Dreier mit allerlei Neben-Personen und Parallel-Handlungen aufmöbeln zu müssen: eine Hermann-Hesse-Gedichte rezitierende Mutter (Angela Winkler) stirbt und lässt ihren Körper bei Gunter von Hagen ausstellen; Simon hat Hodenkrebs, wird operiert und entdeckt unter den Operateuren eine Ex-Freundin, die ein Kind von ihm abgetrieben hat;  Hanna  zeigt sich als heftig streitendes Mitglied einer konservativen Ethik-Kommission über Zellforschung, verliert aber während ihrer Talk-Show mit einer über Spinoza endlos quasselnden Expertin (Corinna Kirchhoff) den Moderations-Faden; Adam treibt so viele Sportarten in seiner Freizeit (Fussball, Schwimmen, Judo, Segeln), geht ins Theater, singt im Chor oder streitet sich mit seinem pubertierenden Sohn über die neuesten ‚Games-Spiele‘, dass man sich wundert, wie er dabei seinem Beruf nachkommt. All diese Einfälle – so witzig sie in manchem Detail sind – wirken in ihrer Anhäufung sehr konstruiert und überflüssig, sie schaden dem Rhythmus und Tempo des Films, ziehen ihn unnötig in die Länge und langweilen.
Dass der Film trotz solcher (Drehbuch-)Mängel über weite Strecken amüsiert und unterhält, verdankt er seinen drei hoch-komödiantischen Haupt-Darstellern: der burschikosen, sehr direkten Sophie Rois mit ihrer charackteristischen Reibeisen-Stimme als Hanna, dem schlacksigen Sebastian Schippers als unsicher-linkischem Softie Simon und – vor allem – dem spitzbübisch-blonden Devid Striesow als recht zwielichtigem Adam, dessen raffiniert-schillerndem Charme die beiden andern nur zu verständlich unterliegen.
Treffliche Schauspieler, ein paar schlagfertige Dialoge und einige ironisch-aufgespiesste Lebens- und Gesellschafts-Beobachtungen machen zwar noch keinen grossen Film, garantieren jedoch – vor allem für Berliner Szenen-Kenner – einigen Unterhaltungswert.

Poster/Verleiher: X-Verleih

zu sehen: CinemaxX Potsdamer Platz; Cine Star im Sony Center;  Delphi;  Filmtheater am Friedrichshain; Capitol;  Hackesche Höfe; International;  Kulturbrauerei;  Yorck;  Passage Neukölln  u.a.