Katzengold: ‚Die Liebe der Danae‘ in der Deutschen Oper Berlin***

Es ist nicht alles Gold, was glänzt: dieses Sprichwort trifft auch auf die letzte Oper von Richard Strauss zu – so schön und farbig einzelne Passagen auch  klingen und leuchten, über weite Strecken schleppt sich das Werk ziemlich kunstgewerblich dahin. Es ist die recht abstruse Geschichte um die griechische Königstochter Danae, die sich entscheiden muss zwischen dem geilen Göttervater Jupiter, der sie als Goldregen beglückt, und dem armen Eselstreiber Midas, dem  – einem göttlichem Fluch zufolge -  alles zu Gold erstarrt. 

Dafür ist dem zur Entstehungszeit schon greisen Strauss nicht mehr allzuviel Neues eingefallen. Er bedient sich vielmehr – wenn auch sehr gekonnt – seiner alten musikalischen Erfahrungen, seiner virtuosen Kunst der Orchesterbehandlung, dem raffinierten Einsatz grosser wohlklingender (vor allem weiblicher) Stimmen. Ein bisschen lustige ‚Ariadne‘, ein wenig tragische  ‚Frau ohne Schatten‘ oder ‚Arabella‘: es wird eine ekklektische,  „heitere Mythologie“, wie das Werk im Untertitel heisst, mit schlecht und recht holpernden Versen (Libretto: Joseph Gregor). Dennoch: effektvoll sind der silbern-glitzernde (orchestrale) Goldregen, ein paar Duette  und die aufrauschenden Finali, besonders – im 3.Akt – der resignativ-melancholische Schlussmonolog des von Danae abgewiesenen Jupiter‘, der an Wotans Abschied in der „Walküre“ erinnert, aber wohl auch  die Resignation des 80-jährigen Komponisten ausdrückt, der seine menschliche und geistige Welt zusammenbrechen sieht: die Oper wurde während des 2.Weltkrieges geschrieben, erlebte ihre Uraufführung aber erst 1952, drei Jahre nach Strauss‘ Tod. Sie erscheint bis heute nur sehr selten auf einer Bühne.
Kirsten Harms, die scheidende Intendantin der Deutschen Oper, hat die ‚Liebe der Danae’  2001 in Kiel inszeniert – mit grossem Erfolg. Sozusagen als Abschieds-Geschenk an Berlin hat sie diese Aufführung mit einigen kleinen Abänderungen nun ins Haus an der Bismarckstrasse übernommen – ob der einstige Erfolg sich auch jetzt nach 10 Jahren wiederholt, scheint mir fraglich. Zu brav erzählt sie die Geschichte,  zu durschnittlich agieren Sänger und Orchester. Aus dem antiken Königshof wird der moderne Salon eines bankrotten Kunsthändlers, dem die Gläubiger die Bilder davon tragen: übrig bleibt ein an der Decke hängender Flügel. Statt Gold regnen Notenblätter auf die sich wohlig räckelnde Kunsthändlerstochter Danae. Im Schluss-Akt ist diese (bürgerliche) Welt ganz zusammengebrochen: das nun verarmte Paar Midas-Danae robbt in schäbig-dunklen Mänteln über schräg-geschichtete Bretter, während der muntere Merkur Torte verteilt und Jupiter in weissem Anzug und ebensolchem Schlapphut seinen resignativen Abschied von der menschlichen Welt nimmt.
Manuela Uhl singt die Danae mit etwas schrillem Sopran, Matthias Klink verkörpert den glücklichen Liebhaber Midas mit schlankem Tenor, Mark Delaven ist in seiner üppigen Erscheinung und mit seinem kernigen Kavaliers-Bariton ein trefflicher Jupiter, gegen Ende machen sich jedoch einige Ermüdungserscheinungen bemerkbar. Gut das übrige Ensemble.
Der Amerikaner Andrew Litton dirigiert das Orchester der Deutschen Oper kraftvoll und zupackend – aber er vermag (wie auch die Sänger) die Strauss’sche Musik nicht zum charakteristischen „Blühen“ und „Leuchten“ zu bringen.
Ein wesentliches Verdienst der Intendantenzeit von Kirsten Harms bleiben die Aufführungen vergessener Werke des spätromantischen Musiktheaters. Aber eine nicht sehr spannende Oper von Strauss – nur brav und solide dargeboten – das ist für eine repertoire-taugliche Wiederentdeckung dann doch zu wenig.