Im Designer-Look: ‚Die Walküre‘ in der Staatsoper im Schillertheater ***

Zur Zeit schmieden Daniel Barenboim und der belgische Regisseur Guy Cassiers einen neuen Wagnerschen ‚Ring‘-Zyklus – als Ko-Produktion zwischen der Berliner Staatsoper und der Mailänder Scala.  Letztes Jahr wurde an beiden Theater zunächst ‚Das Rheingold‘ präsentiert, dem im Dezember an der Scala ‚Die Walküre‘ folgte, die jetzt zu den ‚Festtagen‘ – in einigen Partien umbesetzt – ihr Berlin-Premiere feiert.  In der Spielzeit 2013 soll dann der gesamte Ring seine Vollendung finden.
Guy Cassiers Inszenierung der ‚Walküre‘ wird beherrscht von einem modisch gestylten Bühnenbild (Enrico Bagnoli) und extravaganten Kostümen (Tim van Steenbergen) : rauhe Wandfächen, die durch allerlei Video-Geflimmer ständig Struktur und Farbton wechseln, oder dichte Reihen bühnenhoher Stangen (Achtung:Speer-Symbol!), die – ebenfalls von Video bestrahlt – mal als grüner Wald oder düstere Felsen dienen. Das Wälsungenpaar findet zueinander vor einen Kamin mit digitalem Feuer, die elegante Fricka rauscht im strass-besetzten Abendkleid vor dunklen Pferde-Skulpturen heran, um vom langhaar-perückten Wotan Gerechtigkeit zu fordern, und die acht Walküren stolpern – treppchen auf, treppchen ab – in pompösen 19.Jahrhundert-Roben vor einer Videowand umher, auf der sich Pferde aufbäumen und weisser Rauch aufquillt. Alles sehr schick und sicherlich bedeutsam, aber auch sehr geschmäcklerisch und beliebig. Eine Personen-Regie findet dabei nicht statt : offensichtlich agieren die Sänger so, wie sie es sich selbst ausgedacht haben – was manchmal ja durchaus überzeugt!
Ganz besonders im Fall von Rene Pape: sein Wotan zeigt in differenzierter Mischung Grösse und Autorität, Selbstzweifel und Resignation – ein fast vollkommenes Rollen-Portät. In den grossen, selbstkritischen Monologen entdeckt er zarteste musikalische Nuancen, beim machtvoll ausgesungenen Abschied von Brünnhilde beeindruckt er mit klangschöner, tiefer Bass-Stimme. Rene Papes Wotan ist dank seiner sensibel- musikalischen Darstellung der beherrschende Mittelpunkt der Aufführung. Die Schwedin Irene Theorin ist eine eher solide als bewegende Brünnhilde, der Neuseeländer Simon O`Neill verfügt als Siegmund über einen hellen, kraftvollen, trompeten-engen Helden-Tenor, Anja Kempe ist seine liebende Zwillingsschwester Sieglinde, angenehm im Timbre, jedoch im Forte recht hart klingend. Exzellent sind zwei Nebenrollen besetzt: Ekaterina Gubanova als selbstbewusste, mezzo-satte Fricka und Mikhail Petrenko als ungewohnt jugendlicher und energischer Hunding mit schwarzem Bass.
Daniel Barenboim führt die Staatskapelle mit gewohnter Souveränität durch den langen Abend. Allerdings vermochte er den rasanten Elan mit dem er begann nicht immer aufrecht zu erhalten, Winterstürme und Wonnemond klangen schon erregender als in dieser Aufführung, aber die dramatischen Szenen besitzen grosse Spannkraft und bei Wotans Abschied steigern sich er und das Orchester zu hinreissender Klang-Pracht-Entfaltung.
Ein durchwachsener ‚Ring‘ :  musikalisch-edle Töne und vor modisch-schicker Tapete.

Foto:Monika Rittershaus/Staatsoper Berlin

nächste Vorstellungen: 22. u.25.April 2011