Königs-Intrige und Marionetten-(Theater-)Glück: Händel in Halle 2011 ***

Zur Eröffnung der diesjährigen Händel-Festspielen ein Kaiser-Drama: „Ottone“ (UA: London 1723) – ein recht konventioneller Mix aus politischen und privaten Intrigen am römischen Hof der deutschen Ottonen, eine nur wenig überzeugende Verquickung von Historie und Fiktion. Auch Komponist Händel steuert dazu nur gefällig-musikalisches Handwerk bei: Arie reiht sich an Arie – mehr oder weniger abwechslungsreich. Zündende Hits fehlen.
Regisseurin Franziska Severin versucht im Opernhaus zu Halle mit sanfter Ironie ein abwechslungsreiches Spektakel auf die kreiselnde Drehbühne zu zaubern: zwischen mittelalterlichen Burg-Zinnen und mediterranen Palmen-Silhouetten versuchen die Sänger in knallbunten Theater-Kostümen ein augenzwinkerndes Historien-Spektakel lebendig werden zu lassen. Doch trotz des Engagements aller Beteiligten, trotz der zügigen musikalischen Leitung durch Marcus Creed und trotz einiger attraktiver Sänger vermag dieser alt-deutsche Ottonen-Kaiser im barocken Gewand beim heutigen Publikum nur wenig nachhaltigen Erfolg zu erzielen.
Ganz anders am Tag darauf im historischen Goethe-Theater von Bad Lauchstädt: bei sommerlich- hohen Raum-Temperaturen begeistert die phantastischen Zauber-Oper „Rinaldo“ (UA: London 1711) das Publikum in aussergewöhnlichem Maass. Denn: die berühmte ‚Compania Marionettistica Carlo Colla e Figli‘ aus Mailand lässt im wahrsten Sinn des Wortes die Puppen tanzen: Ritter und Sarazenen bekämpfen feuerspuckende Drachen, liebliche See-Sirenen umgirrten den blonden Ritter Rinaldo, Kamele und hochgeschirrte Pferde trabten durch Wüsten und Palmenhaine, und am Ende funkelten Sterne und Feuerwerk über dem wiedervereinten Paar.
Vor dieser prachtvoll-barocken Puppentheater-Bühne animiert Wolfgang Katschner seine bewährte Lauten Compagney zu munterem Spiel auf historischen Instrumenten – und von den Seiten-Emporen herunter leiht ein junges Sänger-Ensemble den graziösen Marionetten Stimme und Wohlklang (was besonders auf die Herren zutrifft, den Damen fehlt dagegen die virtuose Geläufigkeit). Und über allem leuchtet Händels wunderbare Musik: hier jagt ein musikalischer Einfall den anderen, hier herrschen Tempo und Wohlklang, bilden Schönheit und Eleganz der Musik eine effektvolle Einheit. Eine tolle Oper – eine hübsche, gefällig-naive Aufführung – wenn auch mit einigen (vor allem musikalischen) Einschränkungen.

Foto:  Händel-Festspiele-Halle