Vergebliches Warten: ‚Last Desire‘ in der Staatsoper im Schillertheater / Werkstatt ***

Oscar Wilde’s „Salome“ verhackstückt. Ein Bass, ein Counter-Tenor und ein Knabe mit reinem Sopran warten auf Salome, singen einzelne Sätze des englichen Textes. Ein Bratschenspieler mischt sich ein, gelegentlich erklingen aus Lautsprechern – elektronisch verfremdet – unverständliche Stimmen. Nach einer knappen Stunde ist das Warten vorbei – Salome ist nicht erschienen.
Die erfolgreiche, italienische Komponistin Lucia Ronchetti (geb. 1963 in Rom) hat sich von der Dramaturgin Tina Hartmann den Text der Wilde’sche ‚Salome‘ neu zusammenstellen lassen: unter feministischem Blick. Nämlich dem auf die Männer, auf deren Sehnsucht, deren Furcht und Begehren nach der Frau ihrer Vorstellung, die es so gar nicht gibt und die deshalb auch nie erscheint.
Musikalisch konzentriert sich Lucia Ronchetti in dieser Salome-Paraphrase ganz auf die Ausdruckskraft der menschlichen Stimme, verzichtet auf ein Orchester:  in virtuosen Gesangs-Linien und hochartifiziellen Koloraturen umschreiben die drei männlichen Figuren ihre Erwartungen, Wünsche und Gefühle. Manchmal auch mit leicht sarkastischem Humor. Das einzige Instrument, die Bratsche, umspielt die Akrobatik der Stimmen und mischt sich mit ihnen mehrmals zu dramatischen Crescendi. (Musikalische Leitung im Hintergrund Harry Lyth).
 Ausgezeichnet der schlanke, rumänische Countertenor Valer Barna-Sabadus, der nicht nur als ‚junger Syrier‘ schmachtet, sondern auch noch die harsche ‚Herodias‘ hübsch karikiert. Der stattliche Markus Hollop verkörpert mit flexiblem und fülligem Bass-Bariton sowohl den Herodes wie den Jochanaan. Erstaunlich die Intonationssicherheit und die Reinheit des Knabensporans von Tim Fluch, als Theater-Figur (Page) bleibt er etwas blass. Der Japaner Yuta Nishyama geigt  temperamentvolle Tonkaskaden auf seiner Bratsche.
Leider fällt dem Regisseur Elmar Supp nicht viel mehr ein, als seine Sängerdarsteller und den Bratschisten auf einem langen, schmalen Podium zwischen den beiden Zuschauer-Tribünen hin- und her laufen zu lassen – sozusagen in ständiger Erwartungshaltung. Mal wird auf milchig-schmale Zwischenwände ein Bild projeziert, mal wird mit ein paar kahlen Holzköpfen gespielt, mehrmals rutscht dem Bass die Hose runter. Und der Bratschenspieler darf sich dazu ein silbernes Pailletten-Kleidchen überstreifen. Ob das humorvoll gemeint ist ?
So bleibt dieses ‚Last Desire‘ (UA: 2004 in Stuttgart) trotz origineller  musikalischer Struktur und trotz guter Interpreten als theatralische Darbietung ein ziemlich unerfülltes Begehren.

Foto:Thomas Bartilla/Staatsoper

nächste Vorstellungen: 7./9./12./13./15./22./23.Oktober 2011