Katastrophen und andere Kleinigkeiten: ‚Zwischenfälle‘ – ein Gastspiel des Burgtheaters Wien ****

Eine blitzschnelle Abfolge kleiner und kleinster Szenen : Komische Mini-Dramen und Sketsche des russischen Post-Avantgardisten Daniil Charms (1905-1942) und der beiden französischen Farcen-Schreiber Georges Courteline (1858-1929) und Henri Cami (1884-1958). Ergänzt um einige Improvisationen, parodierenden Tanzeinlagen und alten Schlagern („Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt…“).
Regisseurin Andrea Breth hat diesen munteren Abend als ein schräges Panorama absurdester Ereignisse komponiert. Da versucht ein Mann einem anderen gegen Bezahlung in den Allerwertesten zu treten, versagt aber jedesmal; ein Büroangesteller schwänzt seinen Schreibtisch, fordert aber unerbittlich eine Gehaltserhöhung; Leute telefonieren, ohne zu wissen mit wem oder warum sie das Gespäch führen; ein Grün-Käppchen verweigert dem als Grossmutter verkleideten Wolf die Frage, warum er einen so grossen Mund habe – weshalb der Wolf es nicht fressen kann; ein sechsjähriger Knirps lässt seinen bösartigen Vater durch einen (elekrischen) Blitz verkohlen; Damen beissen sich gegenseitig in den Po oder eine Braut verbringt die Hochzeitsnacht im Dauertelefonat mit ihrer Mutter. Dazwischen versuchen sich alle mal im Tangoschritt und ein junger Mann im grauen Anzug wirbelt virtuos zum Frühlingsstimmen-Walzer durch die glatten, hellen und schnell verwandelbaren Bühnenräume (Ausstattung: Martin Zehetgruber / Moidele Bickel).
10 Schauspieler – darunter Corinna Kirchhoff, Johanna Wokalek, Elisabeth Orth, Peter Simonischek, Udo Samel, Hans-Michael Rehberg, Markus Meyer – wechseln ständig ihre Rollen, Kostüme oder Perücken, quasseln mal in Hoch- oder Schwyzer-Dütsch, Französich oder Englisch,  singen, krabbeln, blasen Alp-Horn, ballern mit Revolvern oder schwingen erstaunlich graziös die Tanzbeine. Am Ende – nach über drei etwas zu lang geratenen Stunden – sitzen alle bieder-brav an Holztischchen und singen gemeinsam im Chor – ein freundlich-ironischer Gruss an den Kollegen Marthaler.
Theater als Zerrspiegel der Welt – ein ver-rückter Abend der komischen Katastrophen, raffiniert inszeniert und brillant gespielt – es darf gelacht werden , auch wenn gelegentlich nur Selters statt Champagner serviert wird.
Eine Produktion des Burgtheaters Wien vom Februar 2011, gezeigt im Haus der Berliner Festspiele (Schaperstrasse 24) vom 9.- 12.Januar 2012.
Foto: Bernd Uhlig/ Berliner Festspiele