Schicke Wahlkampf-Schlacht: ‚The Ides of March‘ von George Clooney ***

Fiktive Vorwahl im US-Bundesstaat Ohio. Der demokratische Kandidat Mike Morris (George Clooney) begeistert mit seinem links-idealistischen Programm vor allem eine jugendliche Anhängerschaft, zumal er nicht bereit ist, die üblichen Deals wie Stimmenkauf gegen Postenvergabe mitzumachen. Doch sein gut eingespieltes und fest auf ihn eingeschworenes Wahlkampf-Team gerät unerwartet in Turbulenzen, als sein ehrgeiziger Berater-Assistent Stephen Meyers (Ryan Gosling) mit der Praktikantin Molly (Evan Rachel Wood) anbändelt und entdeckt, dass sie vom verheirateten Morris ein Kind erwartet. Ausserdem versucht der Wahlkampf-Manager des Gegenkandiaten (Paul Giamatti), Stephen abzuwerben – und allein diese, zunächst verheimlichte, Tatsache führt zu Stephens sofortigen Entlassung. Jetzt aber schlägt Stephen zurück, indem er Morris mit einem angeblichen Brief von Molly, die inzwischen abgetrieben hat und an einer Überdosis Tabletten gestorben ist, erpresst. Morris fügt sich und akzeptiert darüber hinaus den zuvor so vehement abgelehneten Deal des Kaufs gegnerischer Stimmen gegen das Versprechen hoher politischer Ämter, den Stephen, der inzwischen zum neuen Wahlkampf-Boss aufgestiegen ist, eiskalt arrangiert hat.
George Clooney hat einen ebenso engagierten wie flott-unterhaltsamen Film gedreht. Er zeigt – so kann man vermuten – die Enttäuschung des „linken“ Hollywood über die gegenwärtige US-Politik, wo ein mit viel Idealismus angetretener Präsident Obama immer mehr den – vom politischen Gegner bestimmten – realen Verhältnissen Tribut zahlen muss. Das Drehbuch beruht allerdings auf einem Bühnenstück von 2008 und verarbeitete damals die ‚Lewinski/Clinton‘-Affaire. Durch die auf Effekt zielende Verkopplung einer Sex-Geschichte mit dem Problem des Idealismusverlusts gerät der Film jedoch in die Nähe von Kitsch und Kolportage. Von Ironie oder Satire kaum eine Spur. Zwar werden diese dramaturgischen und gedanklichen Schwächen durch eine kluge und temporeiche Inszenierung und ein hervorragendes Darsteller-Ensemble – zu dem ausser Ryan Gosling und George Clooney noch ein brillanter Philip Seymor Hoffman als abgebrühter Kampagnen-Leiter gehört – geschickt überspielt. Doch bleiben diese „Iden des März“ (eine von Clooney geliebte Shakespeare-Anspielung) insgesamt eher oberflächlich-brillant, wirklich Neues erzählen sie nicht: der böse, scharf analysierende und dadurch erhellende Blick auf das politische System fehlt. Ein Polit-Thriller: gefällig, aber harmlos.

Foto/Poster: Tobis Film

zu sehen: CineStar Sony Center (OV); Filmkunst 66 (OmU); Kulturbrauerei (OmU); Neues Off (OmU); Astor; CinemaxX Potsdamer Platz; Titania Palast; Cubix; Filmtheater am Friedrichshain; Kant-Kino; New York; Colosseum u.a.