Stimmen-Feuerwerk: ‚I due Foscari‘ (konzertant) in der Deutschen Oper ****

Ein düsteres venezianisches Drama (nach Lord Byron) – eine der frühen Opern von Giuseppe Verdi (UA.: Rom 1844). Noch ist der Komponist nicht im vollen Besitz seiner musik-dramatischen Kunst, aber sein Genie ist deutlich hörbar: die Brillanz der Stimmenführung,  die leidenschaftliche Kraft des Ausdrucks. Die Geschichte vom (historischen) Dogen Francesco Foscari, der erleben muss, wie sein unschuldig verurteilter Sohn Jacopo ins Exil getrieben und er selbst deshalb seines Amtes enthoben wird, dieses Vater-Sohn-Drama, das mit dem Tod beider endet, ist ein ziemlich handlungsarmes Kammerspiel. Nur gelegentlich, aber dann kraftvoll, darf der Chor sich einmischen oder liefern ein paar Nebenfiguren kurze Stichworte ab. Doch Verdi belebt dieses dunkle Trauerspiel ungemein durch mitreissende Arien und Duette (meist mit koloraturgespickter Caballetta im jeweiligen Schlussteil ) sowie durch zwei schwungvolle, gross-angelegte Finali – wenn auch oft noch im damals beliebten Rum-Tata-Rhythmus.
Die Deutsche Oper präsentiert dieses szenisch schwache Frühwerk von Verdi konzertant – entgeht dadurch einem bloss kostümierten Rampentheater ebenso wie der gedanklichen Überfrachtung der Handlung durch modische Regie-Konzepte.
Der italienische Dirigent Roberto Rizzi Brignoli erweist sich als wahrer Springteufel, der mit temperamentvollen Gesten Chor und Orchester zu effektvollem Musizieren anfeuert – edle Streicher-Kantilenen, schmetternde Blech-Fanfaren, kichernde Flöten-Töne, machtvoll und klangschön die kurzen Einwürfe des Chors. Leo Nucci, inzwischen 70 Jahre jung, singt den väterlichen Francesco Foscari mit enormer Ausdruckskraft und nutzt einige altersbedingte Einschränkungen seines raumgreifenden Baritons zur feinen, menschlichen Charakterisierung des greisen Dogen. Ramon Vargas ist sein Sohn Jacopo – ein kraftvoll- männlicher Tenor, eine schöne und flexible Stimme mit strahlender Höhe. Dritte im Bund ist die hierzulande wenig bekannte US-Amerikanerin Angela Meade in der Rolle von Jacopos Ehefrau Lucrezia – ein enorm umfangreicher, kräftig-leuchtender Sopran, der aber auch fein abgestufter Piano-Töne sowie perlend-leichter Koloraturen fähig ist – eine imposante Sängerin, die jedoch gelegentlich in ihrem musikalisch-dramatischen Temperament die Grenze zum Schrill-Lauten streift.
„I due Foscari“ : eine unbekannte, aber effektvolle Oper – mitreissend gesungen und musiziert – das Publikum war begeistert und dankte mit stehenden Ovationen.

Foto: Bettina Stoess/Deutsche Oper Berlin

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