Licht- und Schatten-Show: ‚The Open Square‘ – Staatsballett in der Komischen Oper ***

Der kurze, pausenlose Abend beginnt mit der knappen Conference einer Tänzerin über ihren Job: sind Tänzer Marionetten an der Strippe eines allmächtigen Choreographen oder vermögen sie sich als inviduell-gestaltende Persönlichkeiten zu profilieren? Die sich  anschliessenden 70 Minuten zeigen ein Dutzend abstrakter Tanz-Sequenzen ohne erzählerischen Faden. Ausgeführt von rund 20 Tänzern, die in ihren fleichfarbenen Trikots kaum zu unterscheiden sind, und eine eher androgyne Masse in unterschiedlich starken Formationen bilden. Es gibt zwar auch einige Soli und Pas-de Deux, doch auch hier bleiben – bei aller Kunst einer Elisa Carrillo Cabrera, Nadja Saidakowa oder eines Mikhail Kaniskin – die einzelnen Tänzer nur Teile des etwas diffusen, unpersönlichen gesamten Ensembles.
Und auch die wenigen Szenen in denen alle Tänzer, Frauen wie Männer, zur Chorus-Line in aufgebauschten Glitzer-Tütüs antreten (mit schwarzen Luftballons darunter), setzen ganz klar auf den ironischen Effekt einer (unpersönlichen) Gruppen-Revue.
Erfinder und Strippenzieher dieses Abends zwischen Ballett und Show, zwischen Kunst und Künstlichkeit, Witz und Esoterik sind der israelische Choreograph Itzik Galili und vor allem sein Lichtgestalter Yaroun Abulafia. Die Bühne bleibt dunkel, der Raum für die Tänzer wird allein durch die unterschiedlichsten Scheinwerfer gestaltet. Mal wird die gesamte Fläche, mal nur schmales Segment ausgeleuchtet, mal drehen sich die Tänzer im Spot-Light von oben, mal werden sie von den Bühnen-Seiten angestrahlt. Dieser ständige und rasche Licht- und Beleuchtungswechsel verleiht den Tanzenden eine starke Körperlichkeit und sinnliche Präsenz und vermittelt trotz der schnellen Bewegungen immer wieder den Eindruck einer Abfolge kraftvoller Körperskulpturen.
Die passende Musik wurde von der vierköpfigen, niederländischen Percussions-Gruppe ‚Percossa‘ extra für diese Choreographie komponiert und wird vom Orchester der Komischen Oper unter Alexander Vitlin live (im Orchestergraben) gespielt: eine Art Minimal-Musik, stark schlagzeug-betont, in den langsamen, sanften Passagen von einem süsslichen Geigenton untermalt.
Manches an diesem – vom Staatsballett vorzüglich getanzten – Abend gerät zu langatmig oder zu beliebig, doch im letzten Drittel nimmt die innere Spannung zu: durch ein langsam ansteigendes Tanz-Crescendo, das in einem fast rauschhaften Wirbel des gesamten Ensembles endet. Grosser Jubel eines überwiegend jugendlichen Publikums.

Foto: Bettina Stöss/Staatsballett Berlin

nächste Vorstellungen: 23. und 25. Juni 2012