Bemühter Witz: ‚R.Hot bzw. Die Hitze‘ in der Staatsoper (Schiller-Werkstatt)***

Friedrich Goldmann (1941-2009) war einer der renommiertesten Komponisten der Neuen Musik, zunächst – gefördert von Paul Dessau – in der DDR, nach dem Mauerfall in Gesamt-Deutschland; zuletzt besass er eine entsprechende Professur an der Berliner Universität der Künste. Seine einzige Oper „R.Hot bzw. Die Hitze“ wurde – dank des damaligen Intendanten – 1977 im Apollo-Saal der Staatsoper unter den Linden uraufgeführt – wenn auch leicht zensiert (wie die Schluss-Verse: „Und rot ist der Stern, der auf uns blitzt“).  Nachgespielt wurde das kurze Werk durch verschiedene Häuser in Ost wie West.
Jetzt – 35 Jahre später – präsentiert die Staatsoper diese „Opernphantasie“ in einer Neuinszenierung in ihrem derzeitigen Ausweich-Quartier, in der Werkstatt des Schillertheaters – natürlich einschliesslich der bei der Uraufführung zensierten Textzeilen.
Das Libretto von Thomas Körner geht auf ein kaum bekanntes Stück des Sturm-und-Drang Dichters J.M.R.Lenz zurück und schildert wie der engliche Adlige Robert Hot sich unsterblich in eine italienische Prinzessin verliebt, in deren Armee er als Soldat dient. Doch sein Vater hat andere Pläne, will ihn mit der Tochter eines befreundeten Lords verehelichen, holt ihn auf die britische Insel zurück, beziehungsweise kauft er ihn aus Italien frei. Bei Lenz endet die Geschichte tragisch mit dem Selbstmord Hot’s, bei Goldmann/Körner findet die Story mit der Liebesflucht der beiden Protagonisten ein ironisches Happy End (darin die zensierte Zeile: „Behaltet Euern Himmel für Euch“).
Goldmann hat den holzschnittartig-knappen Stil der Verssprache und den verkürzt-sprunghaften Handlungsablauf in seiner zitierenden und parodierenden Musik elegant in zeitgnössische Töne umgesetzt. Ein kleines Orchester aus sieben Musikern der Staatskapelle – von Max Renne zupackend geleitet – spielt nicht nur auf den jeweilgen Instrumenten, sondern muss auch singen, sprechen, allerlei Geräusche produzieren. Ein karikierende Rockmusik-Einlage sorgt für zusätzlichen Effekt.
Die Inszenierung von Isabel Ostermann lässt den Darsteller des Robert Hot (mit starkem Einsatz: Torsten Süring) wie ein Woyzeck in rotem Lederanzug vor der weissen Längswand der Werkstatt in  lebhaften, aber bewusst überdeutlichen Gesten und Posen agieren. Auf halber Höhe öffnen sich gelegentlich kleine Kammern, in denen die die übrigen Personen (Prinzessin, Vater,Bediente usw.) ihre Kurz-Auftritte im Kontrast zur Hauptfigur recht statisch absolvieren (herausragend: Reiner Goldberg als Lord).
Leider wirkt die allzu abgezirkelte und stilisierte Bewegungs-Choreographie auf die Dauer steif und leblos, Leichtigkeit und parodistische Beweglichkeit gehen verloren. Die Ironie von Goldmanns „Opernpanthasie in über einhundert dramatischen komischen phanthastischen Posen“ – so der volle Untertitel – bekommt bleierne Füsse, wirkt bemüht.
Schade, denn alle Mitwirkenden (vor und hinter der Bühne) singen, spielen, musizieren und werkeln mit sichtbar grossem Engagement. Aber der aufmüpfige Witz im Osten von einst – scheint im Westen von heute offensichtlich „perdü“!