007: der Anfang vom Ende?: ‚Skyfall‘ von Sam Mendes***

Gleich zu Beginn eine effektvoll-wilde Verfolgung, zunächst mit Auto und Motorrad durch Istanbul, dann ein Kampf von Mann zu Mann auf dem Dach eines durch Tunnels und über hohe Brücken rasenden Zuges. Endend mit dem – scheinbar – tödlichen Schuss auf James Bond (Daniel Craig), den Bond’s Mitarbeiterin Eve (Naomi Harris) auf Befehl der Geheimdienst-Chefin M (Judy Dench) per Funk aus der Londoner Zentrale abgibt – und wie vom Himmel stürtzt 007 vom Zugdeck in tiefes Wasser, während der Gegner entkommt.
Es folgt – unter den Titeln des Vorspanns – eine halb-abstrakte Sequenz wechselnd-farbiger Computerbilder, die auch einen Alptraum in der Todese-Sekunde andeuten könnte, doch danach sieht man den geretteten, aber schwer erschöpften Bond, der sich in einer düsternen Strandgegend langsam erholt.
In London gerät inzwischen die Geheimdienst-Chefin M unter politischen Druck – die von ihr geführte Behörde sei altmodisch und uneffektiv : da expoldiert das gigantische Büro-Gebäude – ausgelöst von einem Cyber-Angriff. Pflichtbewusst meldet sich Bond zum Dienst zurück und verfolgt den zunächst unbekannten Cyber-Angreifer durch Shanghai, Macao bis auf eine verlassene Insel, wo dieser in einer stadt-ähnlichen Trümmerlandschaft residiert: wie sich herausstellt ein ehemaliger Mitarbeiter des Geheimdienstes – von Javier Bardem als blonder Psychopath gespielt. Zwar macht Bond ihn dingfest, bringt ihn nach London, doch schon bald entwischt er. Die Verfolgungen gehen weiter – durch London – und vor allem durch seine endlosen U-Bahn-Gänge -  bis zu einem einsamen Haus auf der schottischen Heide – und natürlich bleibt 007 am Ende der Sieger -  allerdings schwer gebeutelt und – dem Gesetz der Film-Serie folgend – zu neuem Einsatz bereit.
In diesem 23.Abenteuer der popularen Film-Figur hat sich das Klima stark geändert. Bond kämpft nicht mehr gegen einen Bösewicht, der die Welt vernichten will, sondern gegen Gegner aus den eigenen Reihen. Er ist auch nicht mehr die lässig-charmante Macho-Figur, der mit allerlei flotten Sprüchen kesse Bienen und böse Onkels umlegt, sondern ein zwar immer noch professionell tüchtiger, aber ein äusserlich älter und innerlich etwas müder gewordener Agent. Auch sein Umfeld bei Scottland Yard zeigt Risse zwischen den altgedienten Geheimdienstlern und den nachkommenden, jungen Agenten im sich neu orientierenden Dienst ihrer Majestät.
Vor diesem zwiespältigen Hintergrund setzt Regisseur Sam Mendes die Story einfallsreich und effektvoll in Szene -  immer im vorgegebenen Rahmen des Genres. Rasante Verfolgungsjagden, brillante Prügel- und Schiessereiszenen, ausgetüffelte Stunts und schlagfertig-ironische Dialoge vor fabelhaft fotografierten Landschafts- und Städte-Panoramen oder in elegant-exotischen Interieurs.
Die bis in die kleinste Nebenrolle gut ausgewählten Darsteller bilden ein überzeugendes Ensemble, der Titelsong – interpretiert vom derzeitigen britischen Superstar Adele -  knüpft mit seinem Sound an den legendären ‚Goldfinger‘-Hit an, die technische Ausstattung ist wie immer ausgetüfftelt raffiniert und an szenisch-originellen Regie Einfällen herrscht kein Mangel.
Dennoch scheint der Film mit 143 Minuten etwas zu lang, die endlose Verfolgungsjagd wirkt ermüdend, besonders der breit ausgespielte letzte Teil im tristen schottischen Hochmoor.
Oder sollte dies den Gemütszustand von 007 spiegeln – das sich schleppende Ende von M als Motivation für ein neuen Anfang von Bond ?
Der Epilog – von der Produktionsfirma wohl vorgegeben – deutet zumindest einen neuen (Film- und Abenteuer-)Auftrag an.

Poster/ Verleih: Sony

zu sehen: in den verschiedenen (auch Stadtteil-)Kinos von UCI, CineStar und CinePlex, CinemaxX Potsdamer Platz (auch OV); Odeon (OmÜ); Rollberg (OmÜ);Filmtheater am Friedrichshain (OmÜ); Kulturbrauerei; Kant-Kino; Passage Neukölln; Astor Film-Lounge a.a.