Schaumschlagende Bilderflut: ‚Cloud Atlas‘ von Tom Tykwer, Andy & Lana Wachowsik**

Ein Kessel Buntes: opulent und ausschweifend – fast drei Stunden lang. Sechs von einander unabhängige Geschichten, die in unterschiedlichen Zeiten spielen, werden miteinander verquirlt und dabei dramaturgisch durch Worte, Töne oder Handlungs-Motive einigermassen verständlich verknüpft.
Ein englisches Segelschiff des 18.Jahrunderts betreibt Sklavenhandel in der Südsee, ein talentierter Musikstudent wird im Schottland der Dreissiger-Jahre des 20.Jahrunderts von einem alten, ausgebrannten  Komponisten ausgenützt und wegen seiner Homosexualität erpresst, eine Journalistin gerät 1970 in San Francisco zufällig in eine gefährlich-undurchschaubare (politische?) Verschwörung, ein alter, londoner Verleger wird in der Neunzigern von seinem Bruder in ein gefängnisgleiches Seniorenheim gesteckt und probt dort den fröhlichen Aufstand der Alten, im Seoul des Jahres 2144 entdeckt eine geklonte Kellnerin durch ihren Liebhaber, der in futuristische Bandenkämpfe verwickelt ist, ihr wahres Wesen, und 100 Jahre später – nach einer Apokalypse – wird eine (in archaischer Landschaft lebende) Hirten-Gemeinschaft von wild maskierten Kannibalen gejagt.
Das bedeutet, dass nicht nur die unterschiedlichern Aussenseiter- und Widerstands-Geschichten bunt gemischt- und parallell geführt werden, und so ein inhaltliches Grundmuster bilden, sondern auch die verschiedenen filmischen Genres optisch betont effektvoll aufeinander prallen: Historienschinken, Gesellschfts-Komödie, Künstlerdrama, Polit-Thriller, Sience-Fiction- und Action-Spektakel.
Masken- und Kostümbildner dürfen dabei aus dem Vollen schöpfen: ihr prächtig ausgestellter Fleiss heischt geradezu nach einer Oscar-Nominierung. Ausserdem gibt’s ein Star-Quiz nach dem Motto: wer erkennt wen unter den wechselnden Perücken – Tom Hanks, Hugh Grant oder Halle Berry? (Am köstlichsten ist Jim Broadbent in Rolle und Maske des aufmüpfigen Altersheiminsassen).
Dazu viel edel klingende Dialoge und scheinbar bedeutsame Wort-Sentenzen – wie aus einem Poesie-Album der Alt-68er. Und immer dauer-säuselnde Musik, die mal sanft berieselt, mal dramatisch aufbraust, aber kaum künstlerisches Profil gewinnt – sie könnte (ironischerweise?) von der Figur des alten, ausgebrannten Komponisten in der englischen Episode stammen.
Ein teures, ehrgeiziges, ausufernd-üppiges Projekt – aber Alles – ob konventionell oder futuristisch -  erscheint vorhersehbar und ohne wirkliche Überraschung, Vieles hat man so oder sogar besser, raffinierter schon in anderen Filmen gesehen. Inhaltlich schrumpft das Opus zur aufgeplusterten Banalität.
Fazit: trotz handwerklichem Können und beeindruckender Bilder – eine filmische Schaumschlägerei.  Breitgetretener Quark bleibt – auch wenn er philosophisch-literarisch angehaucht scheint – eben Quark.

Poster/Foto: X-Verleih

zu sehen u.a.: CineStar SonyCenter (OV); Babylon Kreuzberg (OmU); Filmtheater am Friedrichshain (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Rollberg Neukölln (OmU); Adria; Blauer Stern Pankow; Cinema Paris; Cineplex Neukölln- Arcaden; Cineplex Spandau; Filmpalast Treptower Park; Cubix Alexander Platz; Kant-Kino; Kulturbrauerei; Kino Spreehöfe, Neues Off; UCI am Eastgate; UCI Gropius-Passagen; Colosseum Prenzlauer Berg