Blutige Spurensuche: ‚Zero Dark Thirty‘ von Kathryn Bigelow****

Die fast 10jährige Jagd der USA auf Osama Bin Laden. Der Film beginnt bei dunkler Leinwand mit Schreien, verzweifelten Hilferufen und Zerstörungs-Geräuschen: New York, 11.September 2001. Dann harter Schnitt: ein US-Soldat foltert in einer Baracke einen arabisch aussehenden Mann, daneben ein zweiter Soldat, dessen Gesicht durch eine schwarze Kappe verdeckt ist. Sie versuchen dem Gefolterten, Namen oder Hinweise auf die Terrorgruppe um Bin Laden abzu- pressen. Als sie die Tortur unterbrechen und nach aussen gehen, zeigt sich – beim Abstreifen der Mütze – das porzellanblasse Gesicht einer jungen Frau. Es ist die CIA-Agentin Maya, die von Washington zur Unterstützng der militärischen Einheit bei der Terroristen-Suche in dieses (geheime) Lager abkommandiert wurde.
Die schlanke, rothaarige Maya (oscarnominiert: Jessica Chastain) wird zur Zentralfigur des Geschehens, ihre zivilen und geheimdienstlichen Nachforschungen vor allem im Raum Afghanistan und Pakistan schildert der Film in fast dokumentarisch anmutenden Bildsequenzen, die falschen Fährten, die Bestechungsversuche zweifelhafter Informanten, das spartanische, gefährdete Leben zwischen rauhen US-Soldaten, Regierungs-Bürokraten und fremdstämmigen Selbstmordattentätern. Nach neun Jahren gelingt es Maya, durch glücklichen Zufall und scharfsinnige Analyse das Versteck Bin Ladens ausfindig zu machen.
Das letzte (fast halbstündige) Kapitel des Films bebildert – in grünschimmernden Nachtaufnahmen – ausführlich die Erstürmung des beton-ummantelten Hauses von Osama, die Tötung der Einwohner und die Identifizierung Bin Ladens im Lager durch Maya. Anschliessend sieht man sie allein und erschöpft in einem fast leeren Transport-Flugzeug sitzen – von Triumpf oder Patriotismus keine Spur.
Der Drehbuchautor Mark Boal hat gründlich recherchiert und offensichtlich auch Quellen benutzen dürfen, die öffentlich nicht zugänglich sind. Er hat verdichtet und gerafft, die unzähligen Geheimdienstler, die an der Suche nach dem Al-Qaida-Führer beteiligt waren, in einigen wenigen Charakteren gebündelt – insbesondere in der Figur der Maya, die als eine der wenigen Frauen in dieser von Männern dominierten Gesellschaft sich ehrgeizig und zäh behauptet.
Die Regisseurin Kathryn Bigelow („The Hurt Locker“, 2008) hat diese treffliche Vorlage in einen spannenden, aktionsreichen Film umgesetzt – jedoch ohne alle vordergündigen, genreüblichen  Effekte. Die so erzielte, scheinbar dokumentarische Nüchternheit hat viele Zuschauer in Amerika irritiert – die einen vermissen eine kritische Stellungsname der Regisseurin zum zwiespältigen Geschehen, die andern sehen (besonders in den blutigen Folterszenen) das Bild der USA unnötig negativ beleuchtet.
Doch beide Seiten missverstehen den Film: vielmehr zeigt er ein nicht ganz durchschaubares Stück Zeitgeschichte, in dem oft der Zweck die Mittel rechtfertigen muss – und zwar (in unterschiedlichen Graden) auf allen Seiten. Dabei bedient sich Kathryn Bigelow ausschliesslich filmischer Formen und Mittel, nämlich Bilder, denen oft nicht anzusehen ist, ob sie echt oder gefälscht sind.
„A reported film“ – so die Regisseurin – klug und subtil.

Poster/Verleih: Universal Pictures Germany

zu sehen: CineStar Sony Center (OV); Hackesche Höfe Kino (OmU); Rollberg (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; CineMotion Hohenschönhausen; Titania Palast Steglitz; Filmpalst Treptower Park; Cubix Alexanderplatz; CineStar Tegel; Filmtheater am Friedrichshain; Kulturbrauerei; Neues Off; UCI Eastgate; Colosseum; Gropius Passagen