Mr.H.,wie haben Sie das gemacht.: ‚Hitchcock‘ von Sacha Gervasi***

Keine filmische Biographie über Alfred Hitchcock (1899-1980), sondern die Entehungsgeschichte seines komerziell erfolgreichsten Werkes „Psycho“ im Jahr 1959. Hitchcock war damals 60 Jahre alt, lebte mit seiner Frau Alma in einem komfortablen Haus in Hollywood, ein erfolgreicher und angesehener Regisseur von über 40 Filmen. Doch jetzt bekam er Schwierigkeiten mit seinem neuen Projekt, der Roman-Verfilmung „Psycho“, einem düsteren Kammerspiel um einen schizophrenen Mörder in Schwarz/Weiss. Die Paramount, seine Produktionsgesellschaft, lehte zunächst ab, der Zensor verweigerte Drehgenehmigungen für einzelne Szenen, sogar seine Frau, sonst die vertrauteste Mitarbeiterin, riet ihm ab. ‚Hitch‘ – wie er von allen genannt wurde – setzte sich jedoch durch, verpfändete sogar sein Haus für die Finanzierung, überredete den Zensor mit raffinierter List und gewann – nach einer gründlichen Überarbeitung des bei der studio-internen Voraufführung noch abgelehnten Films – auf der ganzen Linie :  13 Millionen Reingewinn soll „Psycho“ eingespielt haben.
Regisseur Sacha Gervasi („Anvil“) hat dieses ‚Making of … ‚ mit (erfundenen?) Eheproblemen zwischen Hitchcock und seiner Frau verknüpft. Alma, mit der er seit seinen ersten Filmen im England der 1920er und 30er Jahre als Cutterin und Drehbuch-Autorin eng zusammenarbeitete, fühlt sich von der Arbeit an „Psycho“ ausgeschlossen, beginnt stattdessen mit einem befreundeten Autor an einem eigenen Drehbuch zu arbeiten. Ausserdem ärgert sie sich über den Hang ihres Mannes zu seinen blonden Darstellerinnen, er wiederum wird eifersüchtig und unterstellt Alma ein Liebesverhältnis mit ihrem Co-Autor. Natürlich löst sich alles am Ende in neuer (Ehe-)Harmonie auf – ganz im Gegensatz zum grausigen Schluss von „Psycho“.
Diese private Liebes- und Ehe-Story – was immer an ihr stimmen mag – wirkt sehr konventionell und vorhersehbar, während der Produktionsprozess und die Entstehungsgeschichte von „Psycho“ einige interessante Einblicke in die damaligen Verhältnisse der amerikanischen Filmindustrie geben und auch ein paar weniger bekannte Seiten der Persönlichkeit Hitchcocks schildern – wenn dabei auch nicht allzu tief geschürft wird, und immer die Regeln des heutigen Mainstream Hollywoods die Grenzen setzen. Am gelungensten ist die Szene, die Hitchcock zeigt, wie er bei der Premiere von „Psycho“ im Foyer den Erschreckensrufen und Schreien des Publikums im Saal lauscht und diese stakkatoartige Laut-Kulisse wie ein tanzendes Rumpelstilzchen dirigierend begleitet.
Als Protagonisten des in opulenten Bildern inszenierten Films sind zwei berühmte britische Schauspieler aufgeboten: Anthony Hopkins und Helen Mirren. Hopkins ahmt vor allem sprachlich den herablassend-näselnden Tonfall und den trocknen-bissigen Humor seines Vorbilds überzeugend nach, darstellerisch erstickt er aber fast unter seiner volominösen, äusseren Körper- und Gesichts-Maske. Helen Mirren, eine ebenso elegante wie taffe Alma, zieht sich mit professioneller Routine aus der tatsächlichen oder gespielten Affäre. Mit hübschem Witz: Scarlett Johansson als superblonde Janet Leigh, verblüffend James D´Arcy als Anthony Perkins.
Hitchcock, eigenwillig-genialer Gross-Meister des amerikanischen Kinos – diesmal eingedampft
als freundlich-unterhaltende Mainstream-Produktion – gut drei Jahrzehnte nach seinem Tod.

Poster/Verleih: Deutsche Fox

zu sehen: CineStar Sony Center (OV); Hackesche Höfe (OmU); Odeon (OmU); Rollberg-Kino (OmU); Adria; Blauer Stern; Cinema Paris; CinemaxX Potsdamer Platz; Filmtheater am Friedrichshain; International; Kulturbrauerei; Yorck; Thalia in Potsdam