Senioren-Stadl: ‚Falstaff‘ in der Deutschen Oper Berlin*

Der viel gefragte Regisseur Christof Loy hat in der letzten Spielzeit seinen sehr erfolgreichen Einstand an der Deutschen Oper mit Janaceks „Jenufa“ gefeiert. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an seine zweite Berliner Inszenierung, die Giuseppe Verdis letztem Werk „Falstaff“ galt. Doch gross ist die Enttäuschung über die platte Plotte, die Loy vor einem roten Samtvorhang mit ständig herein- und heraus geschobenen Möbelteilen arrangiert. Auch er verlegt die Shakespeare nachempfundene Geschichte vom heruntergekommenen Ritter und den lustigen Weibern von Windsor in ein Seniorenheim – eine Regie-Idee, die seit einiger Zeit international sehr in Mode gekommen ist (eine Replik aufs immer älter werdende Publikum?)  und die darauf beruht, dass der fast 80-jährige Verdi im Mailand ein Heim für altgewordene Musiker gründete. Nach einem kurzen Schwaz-Weiss-Video in alter Stummfilm-Manier mimen die Sänger am Krückstock humpelnd und mit grauen Perücken wie sich der alte Falstaff an die ebenfalls altgewordenen Windsor-Bürgerinnen anbiedert. Im weiteren Verlauf allerdings pellen sie sich aus den ollen Klamotten heraus und präsentieren sich dann als aufgeputschte Party-Gesellschaft im spiessigen 50-er oder 60-er Jahre-Look. Alle saussen wieselflink über die Bühne, Diener packen Kisten, Koffer und Kostüme und hüpfen im letzten Bild, das laut Libretto im nächtlichen Park von Windsor spielt, als romantisches Ballett-Ensemble in weissen Tütüs umher:  so entwickelt sich aus dem quirlig angerührten Stil-Mix schnell eine alberne Klamotte.
Auch musikalisch bleiben viele Wünsche offen. Generalmusikdirektor Donnald Runnicles setzt zwar immer wieder kräftige Akzente, dirigiert aber über weite Strecken recht pauschal. Der eingesprungene Falstaff-Sänger Noel Bouley, ein junger Stipendiat des Hauses, zeigt sich spielfreudig, besitzt aber eine zu kleine Stimme, um die in jeder Beziehung gewichtige Rolle zu füllen. Am besten besetzt sind die Nebenrollen, besonders das junge Liebespaar von Elena Tsallagova und Joel Prieto gefällt durch lebendiges Spiel und schöne Stimmen, aber auch Gideon Poppe und Marko Mimica als Falstaffs windige Diener zeigen (musikalisch) klares Profil. Ansonsten viel mittelprächtiger Gesang und aufdringliches Chargieren.
Statt der erwarteten Sternstunde – eine mässig bunte Abend-Unterhaltung im Seniorenheim. Für den Anspruch der Deutschen Oper – zu altbacken!

Foto: HansJoerg Michel / Deutsche Oper Berlin

nächste Vorstellungen: 29.Nov.// 5./7./30.Dez.2013// 4.Jan.2014