Ein langer Abschied: ‚Malakhov & Friends – The Final ***

Ein dreieinhalb-stündiger Gala-Abend läutet den Abschied von Vladimir Malakhov als Leiter des Staatsballetts Berlin ein. Mit Ende dieser Saison verlässt der Tänzer, Choreograph und Intendant die Stadt und geht als künstlerischer Berater nach Tokyo. Auf sanftes Drängen hat er seinen Vertrag mit der hiesigen Opernstiftung nicht verlängert und zieht jetzt Bilanz : es ist seine 10.Spielzeit, seit er 2004 das heutige Staatsballett aus den unterschiedlichen Tanz-Ensembles der drei Opernhäuser gründete und zu einer erstklassigen Truppe ausbildete, die keinen internationalen Vergleich scheuen muss. Kritik macht sich deshalb auch nicht an seiner grossartigen Leistung als Schöpfer und Erzieher dieses mit herausragenden Solisten glänzenden Ensembles fest, sondern an seiner Repertoire-Politik. Nicht, dass Malakhov keine neuen oder jüngeren Choreographen eingeladen hätte! Aber sein Herz schlägt (allzu) sichtbar für einen konservativen Stil und für eine Ästhetik, die besonders der russischen Tadition verpflichtet ist. Das war sicherlich oft eine Bereicherung des Repertoires im klassischen Sinn, steht aber quer zu der Erwartung von Senat und Kritik, künstlerisch stehts am Puls der Zeit zu sein – auch wenn dieser sich dabei vielfach nur vordergründigen Moden anpasst. Eine Erwartung, die auch dem allgemeinen Klima entspricht: Berlin war nie eine Stadt der expliziten Ballett-Fans, das sehr viel grössere Interesse galt und gilt dem (allerdings recht weitgespannten) Feld des zeitgenössischen Tanzes (wie er z.B. durch Sasha Waltz repräsentiert wird).
Ein kluger Berliner Intendant hat einmal bemerkt, dass 10 Jahre für diese Position die angemessenen Zeit sei – der künstlerische Radius wäre dann ausgeschritten. Diese Ansicht mag man in Frage stellen  – Vladimir Malakhov hat jedenfalls 10 Jahre lang zahlreiche Ballett- und Tanz-Vorstellungen auf hohem und (teilweise) höchsten Niveau präsentiert, oft mit sich selbst als strahlendem und umjubelten Mittelpunkt.
Auch in seiner nun letzten Gala „Malakhov & Friends – The Final“, einem bunten Potpourrie aus Soli und Pas-de-Deux‘ der unterschiedlichsten Zeiten und Stile, ist er noch einmal gutgelaunter und charmanter Gastgeber für die Stars seiner Truppe und für exzellente Gästen aus New York, Tokyo, St.Petersburg, London oder München. Vier mal betritt er selbst die Bühne: als klassischer Prinz (Ch.: M. Fokin), als geiler Schwan (Roland Petit), als schwarz verhuschter Ikarus (Uraufführung eines Solos für ihn, erarbeiteten von Sidi Labi Cherkaoui) und als ebenso komisches wie anrührendes Grossväterchen (Hans van Manen: ‚The Old Man and Me‘; s.Bild oben mit Beatrice Knoop). Und am Ende werden er und seine Freunde (darunter Nadja Saidakova, Julie Kent oder Lucia Lacarra ) vom ausverkauften Haus mit begeistertem Applaus und Standing Ovations überschüttet.
Noch drei weitere Premieren hat Malakhov bis zum Spielzeitende am 2.Juli angesetzt, an einigen
Abenden wird er auch selbst auftreten. In der Deutschen Oper bereitet der in Berlin gut bekannte, französische Choreograph Angelin Preljocaj „The Nights – nach 1001 Nacht“ vor, in der Staatsoper (Schillertheater) lassen zwei der derzeit aktuellen amerikanischen Choreographen-Stars – Alexei Ratmansky und Stanton Welsh -  tänzerische Divertissements einstudieren, und in der Komischen Oper wird einem musikalisch barocken „Don Juan“ (von Gluck) ein modernes Outfit verpasst. Also bis zum Schluss: ein bunter Reigen mit zeitgenössischem Akzent -  ein langer, freundlicher Abschied von Malakhov & Friends.

Foto:  Bettina Stoess/Staatsballett Berlin

nächste Vorstellungen: 24./25./27.Januar// 27./28./31.März 2014