Eine fiese Familie: ‚Im August in Osage County‘ von John Wells***

Violet Weston (Meryl Streep), krebserkrankt und Tabletten-süchtig, ruft ihre Familie zusammen, nachdem ihr alkoholabhängiger Mann Beverly (Sam Shephard) eines Tages im August das herrschaftliche Landhaus in Oklahoma wortlos verlassen hat und seitdem verschwunden ist. Während Tochter Ivy (Julianne Nicholson) bei ihren Eltern geblieben ist und sich um sie kümmert, kehren Barbara (Julia Roberts) und Karen (Juliette Lewis) erstmals nach langer Zeit in ihren Heimatort zurück, begleitet von ihren jeweiligen Lebensgefährten (Ewan McGregor und Dermont Malrony) sowie der 14-jährigen Enkeltochter Jean (Abigail Breslin). Auch Violets Schwester Mattie (Margo Matindale) trifft mit Mann Charles (Chris Cooper) und erwachsenem Sohn „Little Charles“ (Benedict Cumberbatch) ein. Bald darauf findet die Polizei das verschwundene Familienoberhaupt: tot durch Selbstmord. Was folgt ist die (knappe) Beerdigung und das sich anschliessende, ausgedehnte Familien-Essen, das in eine grell-brutale Rede-Schlamm-Schlacht ausartet, in der immer neue Gemeinheiten und böse Geheimnisse sämtlicher Familienmitglieder zu Tage kommen. Hier wütet und beleidigt jeder jeden – alle erweisen sich als verkappte Neurotiker und Menschenhasser. Dementsprechend verlassen auch alle am Ende frustriert das Haus, die zynische und giftige Patriarchin Violet bleibt allein zurück – nur die geduldig-zurückhaltende Pflegerin, eine Indianer-stämmige junge Frau, wird weiter bei ihr ausharren.
„August: Osage County“ ist ein sehr erfolgreiches, 2008 preisgeköntes, amerikanisches Theaterstück, das der Film- und TV-Regisseur John Wells mit einem prominenten und perfekt gecasteten Ensemble ebenso konventionell wie routiniert-gefällig verfilmt hat. Entsprechend der Bühnen-Vorlage sehr dialogreich und auf wenige Schauplätze – meist Innenräume – reduziert. Die stimmungsvollen Himmels- und die weiten Landschafts-Panoramen des flachen, mittleren Westens werden geschickt als Trennungs-Bilder der einzelnen Dialog-Szenen eingefügt. Doch das vorgeführte Familien-Drama, in dem Krebs und Alkohol, Demenz und verfehlter Sex, Drogen und Geldgier zu einem düster-bösen Psycho-Cocktail gemixt werden, bleibt über weite Strecken an der Oberfläche, bohrt nur selten tiefer und berührt kaum psychologische oder soziale Schmerz-Punkte.
So verlässt sich der Regisseur hauptsächlich auf die Kunst seiner Darsteller. Die zeigen sich zwar alle in bester Form, doch vermögen sie aus den allzu einseitig auf ihre fiesen und zynischen Seiten reduzierten Figuren nur in wenigen Momenten lebendige Menschen zu gestalten. Die dargestellten Personen berühren den Zuschauer kaum und die Kunst der Schauspieler wird so zum reinen, wenn auch durchaus effektvollen Virtuosentum.

Foto/Poster: Tobis Film

zu sehen: CineStar Sony Center (OV); HackescheHöfeKino (OmU); Adria; Astor Film Lounge; Blauer Stern Pankow; CinemaxX Potsdamer Platz; Cubix Alexanderplatz; CineStar Tegel; Kant-Kino; Kino in der Kulturbrauerei; Colosseum