Fade Sex-Psychologie:’Nymphomaniac 2′ von Lars von Trier**

Direkte (und deshalb nur für Kenner des vorangegangenen ersten Teils verständliche) Fortsetzung der Lebengeschichte der Nymphomanin Joe (Charlotte Gainsbourg). Sie erzählt sie (in  ausführlichen, filmischen Rückblenden)  dem älteren Jungesellen Seligman (Stellan Skarsgard), der sie zuvor verwundet auf der Strasse gefunden hat und nun in seiner Wohnung versorgt und pflegt.  Es sind die letzten drei Kapitel dieser „education sexuelle“ – sie handeln vom Scheitern der Ehe Joes, ihrem Verlust sexueller Empfindung und den kompromisslos-egozentrischen Versuchen, diese verlorene Lust wiederzufinden. Ob bei einen schwarzen Bruderpaar, einem Arzt mit sadomasochistischer Praxis, mit einer ganz jungen Lesbierin oder als verbal-brutale Erpresserin eines reichen Pädophilen.
Zwischen diesen ausführlichen Lebens-Episoden dehnen sich längliche Dialoge zwischen ihr und dem asexuellen Seligman über „Gott und die Welt“ – in diesem Fall über die speziellen Vor- und Nachteile der römischen und der orthodoxen Kirche, über die Verwendung eines politisch korrekten Vokabulars („Darf man ‚Neger‘ sagen?“) oder über das lebensrettende Knüpfen eine Seil-Knotens (für Bergkletterer). Das Ganze gefilmt in der für Lars von Trier typischen, essayistischen Art: einem Mix aus Spiel- und Dokumentar-Szenen, unterschiedlichen Film-Kadrierungen, mit gelegentlicher Erzählstimme aus dem Off, mit eingeblendeten Schrift- und Bild-Zeichen und allerlei Schnipseln populär-klassischer Musik. Mal ironisch gebrochen, mal dramatisch akzentuiert und mit einem ebenso unlogischen wie überraschenden Film-Ende.
Ein ziemlich krauses Opus aus halbgaren Sex-Theorien und schlichter Küchen-Psychologie, dem eindringliche Szenen wie im ersten Teil (der an Krebs sterbende Vaters von Christian Slater, die komisch-verzweifelte, verlassenen Ehefrau der Uma Thurman) völlig fehlen. Vom “ echten Pornofilm“ – wie ihn Lars von Trier selbst ankündigte – weit entfernt. Und allen freizügigen Sex-Szenen zu Trotz – nur ziemlich fades, hochtrabend-posierendes „Kunst“-Kino.

Poster/Foto: Concorde Filmverleih GmbH

zu sehen: Hackesche Höfe Kino (OmU); Rollberg (OmU); Movimento (OmU und dt.); Bundesplatz-Kino (dt. und OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Filmkunst 66; Filmtheater am Friedrichshain