Falsches Fanal? : ‚Night Moves‘ von Kelly Reichardt***

Die leicht gebirgige Landschaft des amerikanischen Nord-Westens, wald- und wasserreich. Umweltaktivisten unterhalten hier eine organische Landwirtschaft-Kooperative. Dort arbeiten  Josh (Jesse Eisenberg), ein weicher, verschlossener Junge und Dena (Dakota Fanning), die umwelt-engagierte Tochter aus reichem Haus. Zusammen mit Josh‘ Freund Harmon (Peter Sarsgard), einem ehemaligen US-Marine, planen sie einen Sprengstoff-Anschlag auf einen Staudamm, um dadurch auf die Zerstörung der Umwelt durch Regierung und Konzerne aufmerksam zu machen. Die Aktion wird gründlich vorbereitet, ein Boot gekauft, Düngemittel als Sprengstoff geordert, zum nahen Campingplatz geschafft und in einer nächtlichen Aktion zur erfolgreichen Explosion gebracht. Doch – unbeabsichtigt und rein zufällig – kommt ein nachtwandernder Camping-Bewohner dabei zu Tode. Worauf die drei jugendlichen Öko-Täter – die verabredet haben, sich aus Sicherheitsgründen vorerst nicht mehr zu kontaktieren – sehr unterschiedlich reagieren. Harmon zieht sich ganz zurück, irgendwohin in die Wäldern, und will aus Angst vor der Polizei mit den beiden anderen nichts mehr zu tun haben. Dena dagegen wird von Reue geschüttelt, bricht seelisch zusammen, bekommt Gesichts-Ausschläge, droht durch ihr allgemein auffallendes, hochnervöses Verhalten, alles zu verraten. Nur Josh bleibt ruhig, er hält den Anschlag trotz des unbeabsichtigten Toten für richtig, und erweist sich so als ideologischer Fundamentalist. Was zu einer weiteren grausigen Tat führt… Die in Nwe York lebende und lehrende Regisseurin Kelly Reichardt (50) gehört seit ihren Filmen „Wendy und Lucy“ und „Meek’s Cutoff“ zu den herausragenden Vertreterinnen des amerikanischen Independend-Kinos.
Kühl und ruhig beobachtet sie im ersten Teil ihres neuen Films „Night Moves“ wie die drei Umweltaktivisten ihre Tat planen und vorbereiten. Genau und detailreich schildert sie die äusseren Handlungen der Personen, deutet ihre inneren Beweggründe nur knapp an. Höhepunkt dieses Öko-Thrillers ist die überaus spannenden Sequenz der Ausführung des nächtlichen Anschlags, wobei Explosion und Zerstörung des Damms nur als fernes Donnergrollen zu hören sind, als die drei Aktivisten im Wagen zurückfahren und später in eine Polizei-Kontrolle geraten – ohne dabei in Verdacht zu geraten.
Erst im zweiten Teil des fast minimalistisch gedrehten Films kommt das Psychogramm der drei unterschiedlichen Akteuere ins filmische Blickfeld, stellt sich die Frage nach dem Sinn der Aktion. Ein Mitbewohner der Landwirtschafts-Kooperation nennt beim Fühstück den Anschlag lächerlich,  – es gäbe ja Hunderte von Staudämmen in dieser Gegend, und kein Mensch würde deshalb aufgerüttelt oder seine Meinung zur Umwelt ändern. Leider wird der Film hier etwas klischeehaft und die weitere Handlung allzu voraussehbar. Zumal mehr oder weniger versteckte Andeutungen auf amerikanische Verhältnisse in Bild und Wort nur für deren Kenner zu lesen sind.
Dennoch besticht „Night Moves“, in dem tatsächlich viele Szenen in der Nacht spielen, durch die klaren Inszenierung, durch prachtvolle Landschafts-Bilder und durch drei ausgezeichnete Darsteller – alles prominente Schauspieler aus Hollywood, die sich aber hier fabelhaft und ohne jeden Star-Glamour in das engagierte Independend-Kino einpassen.

Poster/Verleih: MFA

zu sehen: fsk Oranienplatz (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Rollberg (OmU); Tilsiter- Lichtspiele (OmU)