Monströs: ‚Maps to the Stars‘ von David Cronenberg**

Blutiges Familiendrama in Hollywood. Stafford Weiss (John Cusak), Psychotherapeut mit eigener TV-Show, und seine Frau Cristina (Olivia Williams) kümmern sich vor allem um die erfolgreiche Film-Karriere ihres 13jährigen Sohnes Benjie (Even Bird), eines selbstgefällig-arroganten Jungen, der bereits eine Drogen-Entziehung hinter sich hat. Die ältere Tochter Agathe (Mia Wasikowska) hat vor einigen Jahren das damalige Wohnhaus angezündet und wurde deshalb in eine Psycho-Klinik gesteckt. Jetzt, als 18jährige entlassen, kehrt sie  – zu Beginn des Films – nach L.A. zurück und sucht Kontakt zu ihrer Familie. Die will jedoch nichts mehr von ihr wissen; auch Benjie wird verboten, sich mit seiner Schwester zu treffen. Agatha, die immer lange schwarze Handschuhe trägt, um ihre Bandwunden zu verbergen, erhält durch Vermittlung ihrer Twitter-Freundin Carrie Fisher (die Autorin spielt sich selbst in einem Kurzauftritt) die Stelle einer Assistentin bei der reichen, älteren Diva Havana Segrand (Julianne Moore). Diese versucht ihrerseits vergeblich neue Filmrollen zu erhalten und wird zugleich von Agathas Vater Stafford psychotherapeutisch behandelt. Ein absehbares Drama, in dem auch noch ein junger Chauffeur (Robert Patterson), der eigentlich lieber vor einer Kamera agieren würde, eine hübsche Nebenrolle spielt,  nimmt seinen tödlichen Verlauf…
Der kanadische Regisseur David Cronenberg und sein amerikanischer Drehbuch-Autor Bruce Wagner haben eine krude Mischung aus Psychothriller und Melodram inszeniert. Elegant und kühl präsentieren sie ihre Personen: den skrupellosen Vater und Psycho-Guru, den eitlen, überheblichen Sohn und Kinderstar, die zwischen Unschuld und Grausamkeit schillernde Schwester, die exaltiert-überdrehte Film-Diva. Drogen, Psychopharmaka, dubiose Heilslehren (von Yoga bis Scientology) und verlogene Moral bestimmen den Alltag der Figuren. Brutal ist ihr verbissener Kampf um Ansehen und Macht, vor allem aber um Ruhm und Erfolg im herrschenden Film-System. Eine monströse Gesellschaft vor glamouröser Fassade: ‚Tinseltown‘ eben!
David Cronenberg hat diesen Film wohl als Satire auf Hollywood und seine Gesellschaft gedacht – aber wen oder was sollen diese klischeehaften Personen und abstrusen Geschichten entlarven?
Da helfen weder die trefflichen Schauspieler, von denen besonders Julianne Moore als Diva-Zicke furiose Auftritte hat, noch die mondänen Geschäfte und Villen, hinter deren teuren Fassaden die Stars ihre geistige Leere verstecken.
Und weder die effektvoll eingefügten surrealen Szenen, noch ein immer wieder zitiertes Gedicht von Paul Eluard („Freiheit“) verhelfen der überfrachteten Story samt ihren Papp-Protagonisten zu einem auch nur halbwegs überzeugenden, intellektuellen Überbau.
Da gab es schon sehr viel treffsichere Filme, die sich mit dem Phänomen Hollywood und seinen Schattenseiten kritisch auseinandersetzten – von Billy Wilder bis Sophia Coppola. Statt zur bissig-bösen Satire gerät Cronenbergs melodramatischer Psycho-Horror allzu schnell zum mehrfach potenzierte Kino-Klischee.

Foto/Poster: MFA Filmverleih

zu sehen: CineStar Sony Center (OV); Babylon Kreuzberg (OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); International (OmU); Xenon (OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; Eiszeit; Eva-Lichtspiele (Mi: OmU); Filmkunst 66; Kino in der Kulturbrauerei (dt. und OmU); Movimento (dt. und OmU)