Betrogene Betrüger? :’Gone Girl – Das perfekte Opfer‘ von David Fincher***

Eine im Grund alltägliche und banale Story: die (kinderlose) Ehe eines junges Paar steht an seinem 5.Hochzeitstag vor dem Aus – auch wenn das öffentlich keiner der Beteiligten zugeben möchte. Nick (Ben Afflek) und Amy (Rosamund Pike) sind durch die Wirtschaftskrise 2008 arbeitslos gewordene Journalisten. Sie  zogen deshalb von New York in Nick’s Heimatort in Missouri, wo er nun mit seiner Schwester Margo (Carrie Coon) eine bescheidene Bar betreibt, während Amy sich um (Vorort-)Haus und Garten kümmert. Doch jetzt, genau am Hochzeitstag verschwindet Amy – umgestürzte Möbel und Blutspuren lassen zunächst auf eine Entführung schliessen. Die Polizei untersucht routinemässig die Spuren, verdächtigt aber bald – auch auf Grund von Zeugenaussagen der Nachbarn – Nick als Mörder seiner Frau. Eine sensationslüsterne, einseitige Berichterstattung im lokalen Fernsehn verstärkt den Eindruck einer ehelichen Mordtat, obwohl Nick – unterstützt von seinen aus New York herbeigeeilten Schwiegereltern – immer wieder beteuert und (vergeblich) nachzuweisen versucht, dass er sich Amys Verschwinden nicht erklären kann und er kein Mörder sei. Er verschweigt dabei aber, dass die anscheinend glückliche Ehe innerlich schon längst zerbrochen ist und er ausserdem ein Verhältnis mit einer jungen Frau unterhält. Dann findet die Polizei ein Tagebuch von Amy, in dem sie schildert, wie ihre Ehe durch Nicks Egoismus und Brutalität scheiderte, und in dem sie zugleich andeutet, daß Nick ihr etwas antuen könnte. Nick sitzt damit endgültig in der Täter-Falle, doch plötzlich nimmt die Geschichte einen unerwarteten und ganz anderen Verlauf…
David Finscher („Fight Club“; „Zodiac“) inszeniert diesen Thriller nach einem sehr erfolgreichen Roman von Gillian Flynn, die auch selbst das Drehbuch schrieb. Pinschers filmischer Trick und seine Rafinesse jedoch bestehen darin, daß er die blutige Geschichte aus den unterschiedlichen Perspektiven von Nick und Amy erzählen läßt. Und zwar so, daß die jeweiligen Schilderungen der unterschiedlichen Sichtweisen sich nicht ergänzen, im Gegenteil sich sogar widersprechen. Es bleiben so nicht nur für die ruhig und besonnen untersuchende Polizei-Offizierin Rhonda Boney (Kim Dickens) viele Fragen offen, sondern auch für den Zuschauer des Films.
Es werden zwar die Umrisse des Ehedramas, die psycho-pathologischen Charakterzüge einzelner Personen, die fatal-fahrlässige Berichterstattung amerikanischer TV-Kanäle, die populistisch-hysterischen Verhaltensweisen sogenannter „normaler“ Durchschnitts-Bürger deutlich, aber vor allem zeigen sich hier die Grenzen scheinbarer Objektivität.  Eine einfache oder eindeutige Wahrheit – so die Quintessenz von Pinchers etwas zu lang und teilweise zu plakativ geratenem  Thriller – gibt es nicht! 
Das Bild, mit dem der Film beginnt und dann auch endet, zeigt in Großaufnahme das fragende Gesicht Amys, und dazu hört man (im Off) die ruhige Stimme von Nick: „Ich denke darüber nach, ihren Schädel einzuschlagen und ihr Gehirn zu sezieren, um eine Antwort auf die Frage zu finden: Was haben wir einander angetan?“

Foto/Poster: Verleiher Fox Deutschland

zu sehen: u.a. CineStar Sony Center (OV); Babylon Kreuzberg (OmU); Filmtheater am Friedrichshain (OmU); Kino in der Kulturbrauerei (OmU und Dt.); Sputnik (OmU und Dt.); Astra; CineMotion Hohenschönhausen; CinemaxX Potsdamer Platz; Cineplex Neukölln-Arcaden; Titania Palast Steglitz; CineStar Treptower Park; Cubix Alexanderplatz; CineStar Hellersdorf; CineStar Tegel; Kino Spreehöfe; UCI am Eastgate; Colosseum; UCI Friedrichshain; UCI Zoo-Palast