Paprika und Geigenschmalz: ‚Gräfin Mariza‘ im Staatstheater Cottbus***

Neben vielen anderen Werken gelangen dem ungarische Operetten-Komponist Emmerich Kálmán (1882 – 1953) zwei triumphale Welterfolge, die bis heute zum Standart-Repertoire des musikalischen Unterhaltungs-Theaters zählen: 1915 „Die Csárdásfürstin“ und neun Jahre später, 1924, „Gräfin Mariza“. Jetzt findet in einer Neueinstudierung des Staatstheaters Cottbus Letztere erneut breite Publikums-Zustimmung.
Natürlich ist die verwickelte Liebesromanze zwischen einer stein-reichen Gräfin und Gutsbesitzerin und einem verarmten Adligen, der ihr unter falschem Namen als Verwalter dient, heute (fast 100 Jahre später) kaum noch von Interesse. Aber die vielen populären Melodien und schmissigen Tanzeinlagen zünden wie eh und je – wenn auch vorwiegend bei älteren Zuhörern oder Klassik-Liebhabern.
Das Iszenierungs-Team in Cottbus (Steffen Piontek,Regie; Mike Hahne, Ausstattung; Winfried Schneider,Choreographie) hat sich sehr geschickt eines alten Theater-Tricks bedient: es präsentiert die neue Mariza mit viel sanfter Ironie.
Die Bühne ist ein halbrunder Salon, beherrscht von zwei hohen, weißen Türen und einer prachtvollen Landschafts-Tapete mit Rosen-Hecken und bleu-leuchtendem Himmel. Ein lustig umherspringender Zigeuner läßt seine Geige schluchzen, wenn die blonde Mariza im schwarz-silbernen Coktail-Kleid bei ihrem berühmten Auftrittslied die feurige Pusta-Klänge ihrer Heimat preist, oder wenn der nette Verwalter sehnsuchtsvoll die ’süßen und reizenden Frauen im schönen Wien“ besingt. Und wenn beide zögerlich und skeptisch sich ihre Liebe gestehen, öffnen sich die Türen und gruppieren sich allerliebste Woll-Schafe putzig um das hohe Paar.
Dazwischen wirbelt der rot-uniformierte Guts-Nachbar Zsupan mit schwarzer Schmachtlocke umher und macht keck die kleine Schwester des Verwalters im flotten Tanzschritt an: „Komm mit nach Varasdin, solange noch die Rosen blühn“! Zum (Schein-)Verlobungs-Fest wird eine rießige, rote (Kunst-)Paprika herein gerollt: darin verborgen das Budapester Tabarin – ein Nobel-Nacht-Club.
Zum turbulent-glücklichen Ende rauscht mit lauter Stentor-Stimme die reiche Tante als (finanziell) rettender Engel herein und der uralte, treue Diener löscht gerührt das romantisch flackernde KerzenLicht.
Auch musikalisch geht’s flott zur Sache: der neue Haus-Kapellmeister Ivo Hentschel stellt sich vor – noch etwas nervös, aber mit Schwung. Chor und Kinder-Chor singen frohgemut, bleiben aber – ebenso wie die Ballett-Tänzer – dekorative Folklore im Hintergrund. Als kapriziöse Grafin Mariza strahlt Gesine Forberger lässige Eleganz aus, Alexander Geller ist der ihr verfallene Verwalter – wohlklingend, wenn auch etwas steif. Debra Stanley ist das brave, nette Schwesterlein, temperamentvoll umworben von Peter Koppelmann als Guts-Nachbar Zsupan – er hat wahrhaft den Csárdás im Blut!
Ein Operettenabend, der – über weite Strecken – Sentiment und Ironie attraktiv mischt, der die etwas altbackene Boulevard-Komödie und die ungarischen Zigeunerklischee’s mit hübschem Augenzwinkern serviert und der Emmerich Kálmáns mitreissende Musik effektvoll zum Klingen bringt. Klar, manchmal fallen sprachliche oder szenische Gags auch flach oder plump aus, insgesamt aber überzeugt diese „Gräfin Mariza“ durch freundlichen Charme und schmunzelndem Witz.

Foto: Marlies Kross/Staatstheater Cottbus

nächste Vorstellungen: 28./30.Okt.//05./21.Nov.//07./31.Dez.2014//01.Jan.2015