Blondes Rumpelstilzchen: ‚Don Giovanni‘ in der Komischen Oper**

Wenn ein Haus wie die Komische Oper für eine Neu-Inszenierung von Mozarts „Don Giovanni“ den einstigen Volksbühnen-Star Herbert Fritsch als Regisseur verpflichtet, dann ist klar, wohin die Reise geht: weg vom „Realistischen Musiktheater“, hin zum kunterbunten „Komödienstadl“. Und der viel beschäftigte Allround-Künstler Fritsch hat die Erwartung voll erfüllt: schrill und schräg toben und hüpfen Don Giovanni, sein Diener Leporello sowie die zu vernaschenden Damen vor ständig auf- und niederrauschenden Spitzenvorhängen über die sonst requisitenfreie Bühne. (Für die Ausstattung ist Fritsch ebenfalls zuständig).
Ein wilde Farce, in der der Frauenheld in roten Strümpfen und violettem Wams eine tolle Luftgitarren-Nummer zum Besten geben darf, in der die resolute Donna Anna ihrem orange-behosten Kavalier Don Ottavio so kraftig ans Gemächt fasst, dass dieser nur schmerzgekrümmt seine berühmte Friedens-Arie schmachten kann. Und Leporello, der in seiner schwarzen Kutte und dem kahlen Schädel einem wahren Mephisto ähnelt, darf sogar musikalisch stottern, während die verlassene Donna Elvira im gelben Outfit gleich einer raffinierten Schlange ihr Gift versprüht. Wie alle Personen ist auch der Chor grell geschminkt, trägt Pink, Lindgrün oder Himmelblau und darf – statt der Ouvertüre – unter lautem Geschrei viel Porzellan zerschlagen.
Übrigens: die Ouvertüre wird etwas später nachgeholt, doch dafür dann auf die „scena ultima“ (die etwas moralisierende Bilanz der Überlebenden nach Giovannis Höllenfahrt) verzichtet. Nachdem der Titelheld unter einer Art elektrischem Zeigefinger in den Bühnenuntergrund hinabgefahren ist, sieht man als Schluss-Punkt der Oper nur noch seine winkende Hand – der kurze Abschiedsgruss eines künstlich-komischen Chaos-Spektakels.
Mozarts Musik spielt dabei keine besondere Rolle – auch wenn durchaus ansprechend musiziert und gesungen wird. Günter Papendell, der Don Giovanni, lässt nicht nur seine blonde Haartolle wehen, sondern auch einen geschmeidigen Bariton hören. Erika Roos als Donna Anna perlt lockere Koloraturen und Adrian Strooper hat als ihr schüchtener Verlobter Ottavio eine schöne Träne im Tenor. Nicole Chevalier wehrt sich als verlassene Elvira mit klarem Sopran gegen ihr Schicksal und Jens Larsen verpasst seinem ellenlangen Leporello tief-gründelnden Basstöne. Chefdirigent Henrik Nánási behält routiniert die musikalischen Fäden zusammen – dass er und seine tüchtigen Musiker jedoch nicht so richtig punkten können, liegt an der alles beherrschenden, turbulenten Bühnen-Show – in diesem Fall schlägt eindeutig und unbarmherzig das Kasperle den Mozart.
Foto: Monika Rittershaus/Komische Oper
Premiere war am 30.Nov.2014, die nächsten Vorstellungen sind am: 4. u.11 April/ 3.u.17.Mai 2015