Schlank durch Tanz: ‚Dornröschen ‚ – das Staatsballett in der Deutschen Oper***

Es ist die erste Premiere des neuen Intendanten und Choreographen Nacho Duato beim Staatsballett Berlin. Und zugleich die – in Details überarbeitete – Fassung des Tschaikowsky-Klassikers, die Nacho Duato 2011 für seinen damaligen Einstieg beim St.Petersburger Mikhailovsky-Theater kreiert hat. Sie beruht im Wesentlichen auf dem prägenden Vorbild von Marius Petipa, allerding stark verkürzt und entschlackt. Auf die ursprünglichen Pantomimen, die die Handlung vorantrieben, aber deren Gesten-Sprache das heutige Publikum kaum mehr versteht, wird weitgehend verzichtet und durch ein moderates Bewegungs-Vokabular auf klassischer Basis ersetzt.
Das Märchen von der Prinzessin Aurora, dem Fluch der bösen Fee bei ihrer Taufe, dem tödlichen Nadelstich an ihrem Geburtstag – dank der guten Fliederfee in einen 100jährigen Schlaf umgewandelt – und das Wiedererwachen durch den Kuß des Prinzen Desiré mit anschließendem Hochzeitsfest – diese bekannte und beliebte Story erzählt Duato sehr flüssig und leicht verständlich. Die große Bühne ist fast leer, wird in den Schloß-Bildern nur von ein paar marmor-weißen Stuck-Elementen vor blauen Himmels-Prospekt gerahmt, und im Jagd-Bild von grünen Blätter-Ranken mit Blick auf einen romantischen See, auf dem am Ende dieser Panorama-Szene Prinz und Fliederfee in einer glitzernden Gondel entschwinden.
Angelina Atlagic, die für die gesamte Ausstattung zeichnet, hat die Tänzer mit viel Stoff prachtvoll eingekleidet: pastellfarbene, pompöse Roben und Hüte, reich bestickt und mit Glitzer verziert. Hübsch anzusehen auch die fröhlich-fantasievollen Märchenfiguren, die dufig schwebenden guten Feen, die tanzenden Edelsteine und vor allen die kraftvoll auftrumpfende, pechscharze böse Fee Carabosse mit ihren wieselnden Sklaven.
Die zahlreichen Tänzerinnen und Tänzer des fabelhaft trainierten Ensembles verstehen es bis zur kleinsten Nebenfigur, sich in diesen Gewändern bestens zu präsentieren. Beatrice Knop und Michael Banzhaf sind ein elegantes Königs-Paar, Sarah Mestrovic wirbelt als hübsche Fliederfee durch Zeit und Raum und der breitschultrige Rishat Yulbasirov durchkreuzt mit machtvollen Sprüngen als so böse wie schwarze Fee die heiteren Mazurkas und Walzer der feinen Hofgesellschaft. Den Prinzen verkörpert sehr charmant (seit der 3.Vorstellung) Marian Walter und als zierliches Dornröschen glänzt Iana Salenko, beides Erste Solisten des Ensembles, beide technisch brillant, darstellerisch aber blass.
Doch so gefällig und kurzweilig dieser Abend sich präsentiert, choreographisch fährt er auf der Schmalspur. Es sind die bekannten Formen und Muster des klassischen Kanons, die Duato – mitunter sehr raffiniert – einsetzt. Aber Eigenes oder Neues – wie etwas vollmundig angekündigt – bietet die Inszenierung kaum. Aber Duato kommt ja auch vom zeitgenössischen Tanz und nicht vom Klassischen Ballet her. Vielleicht haben die nächsten Premieren, die überwiegend der Moderne gewidmet sind, szenisch wie choreographisch Aufregenderes und Spannenderes zu bieten.

Foto: Yan Revazov/Staatsballett Berlin

Premiere war am 13.Februar; die nächsten Vorstellungen: 15.März/03./06.April/28./31.Mai/05./07.Juni 2015