Emmerich Kálmán wiederbelebt ? „Die Zirkusprinzessin“ in der Komischen Oper***

Die Komische Oper Berlin und ihr Intendant und Spiritus Rector Barry Kosky stellen jede Spielzeit – so um die Weihnachts/Silvester-Zeit herum – ein überwiegend unbekanntes oder kaum gespieltes Werk des ungarischen Operettenmeisters Emmerich Kálmán zur Diskussion. In nur zwei Vorstellungen, überwiegend konzertant, aber unterhaltsam arrangiert.
In diesem Jahr: „Die Zirkusprinzessin“, 1926 im Theater an der Wien uraufgeführt, kurz danach im damaligen Berliner Metropoltheater (der heutigen Komischen Oper) mit großem Erfolg nachgespielt. Die Geschichte spielt in einem Wanderzirkus, der in den ersten beiden Akten in St.Petersburg, im dritten in Wien gastiert. Eine geschiedene, russische Fürstin verliebt sich in einen Zirkusartisten, der ihr – von einem verschmähten Liebhaber – als Prinz in Cognito „verkauft“ wird. Sie heiratet ihn, um dann böswillig als „Zirkusprinzessin“ verhöhnt zu werden. Doch im Operetten-Wien der 20er Jahre wendet sich die Miß-Heirat von russisch-stolzer Fürstin und scheibarem Zirkus-Akrobaten selbstversständlich zum walzerseligen Happy End.
In der Komischen Oper befindet das Orchester leicht gestaffelt auf der leeren  Bühne, der Chor steht erhöht dahinter. Davor sitzen oder agieren die Gesangsolisten in Kostümen, die der Zeit der Uraufführung nachempfinden.  Als weiblicher Direktor tritt in schwarz-grün-goldener Zirkus-Uniform Désirée Nick auf und führt mit ihrer berüchtigten Kotterschnauze durchs Programm, das heißt sie erzählt und kommentiert ironisch die Handlung und bindet so die einzelnen Musiknummern zusammen, die von den Sängern mehr oder weniger temperamentvoll an der Rampe ausgespielt werden (Alexandra Reinprecht, Zoltán Nyári, Julia Giebel, Peter Renz, Ivan Tursic). Natürlich läßt sich Désirée Nick nicht die Butter vom Brot nehmen: kickst schräge Koloraturen á la „Königin der Nacht“ oder stellt als schrille „Fledermaus“-Adele ihre diversen Talente zur Schau. Und nebenbei flirtet sie in ihrer schnoddrig-direkten Art mit dem Publikum: wundert sich, daß nur mittelalterliche Herren in der ersten Reihe sitzen (wo bleibt da das Weibliche ?) oder fragt sich keck,  ob nicht die Handlung einer Kálmán-Operette die intelektuellen Fähigkeiten des Publikums überfordere.
Nach pausenlosen 90 Minuten ist diese unterhaltsame Mischung aus Nick-Show und Operetten-Schmalz (schwungvoll dirigiert von Stefan Soltesz) zu Ende – länger oder mehr, wäre sicher zu viel gewesen. Zumal diese „Zirkusprinzessin“ trotz der flotten (aber sehr gleichförmigen) Musik nur über einen echten Hit verfügt: „Zwei Märchenaugen“. Doch ein solches Augenpaar allein – und sei es noch so lockend – , taugt kaum fürs Repertoire: da haben „Csárdásfürstin“ oder „Grafin Mariza“ deutlich mehr zu bieten.

Foto: Iko Freese-drama berlin.de/Komische Oper Berlin (Désirée Nick/Ivan Tursic)

Die beiden Vorstellungen fanden am 20. und 30.Dezember 2015 statt,