Überlebensdrama im Schnee: ‚The Revenant – Der Rückkehrer‘ von Alejandro Gonzáles Inárritu****

Schauplatz: der „wilde“ Westen Nordamerikas um 1820 – endlos-weite und tief verschneite Landschaften. Hugh Glass (Leonardo DiCaprio) ist Trapper und hilft – zusammen mit seinem Sohn, einem Halbindianer – einer Gruppe rauher Pelzjäger den Rückweg zu ihrem Ausgangs-Stützpunkt, einem militärischen Fort, zu finden. Gefährlich nicht nur wegen Kälte und Schnee, sondern vor allem wegen der immer wieder angreifenden Indianer, die sich für den Raub ihre Tiere und das brutale Töten ihrer Frauen und Kinder, das Niederbrennen ihrer Hütten rächen. Doch Glass wird von einer Grizzly-Bärin angegriffen und schwer verwundet, seine Überlebenschancen scheinen gering. Der Großteil der Männer, unter ihnen auch begleitende Soldaten, zieht weiter, Glass bleibt mit seinem Sohn, dem Pelzjäger Fitzgerald (Tom Hardy) und dem jungen, unsicheren Serganten Bridger (Will Poulter) zurück. Fitzgerald behauptet, Glass werde nicht überleben, tötet – in einem unbeobachteten Augenblick – dessen Sohn, nötigt den ängstlichen Serganten, mit ihm abzuhauen und den halbtoten Trapper zurückzulassen. Wider Erwarten kommt Glass langsam zu Kräften und rafft sich auf – zunächst kriechend, dann am Stock – ,  um Rache – vor allem für seinen Sohn – an Fitzgerald zu nehmen. Er meistert extremste Situationen: versteckt sich vor feindlichen Indianern in düsteren Höhlen, wird von einem eiskalten Fluß mitgerissen, ernährt sich von dürren Grashalmen oder vom rohen Fleisch eines toten Tieres, schlüpft sogar einmal – um nicht zu erfrieren – in den Bauch eines ausgeschlachteten Pferdes. Am Ende dann der große „Showdown“: Glass und Fitzgerald kämpfen mit Beil und Messer im tiefen Schnee – bis eine Indianer-Truppe auftaucht, und Glass ihnen seinen Feind überläßt – im Wissen, daß sie ihn töten werden und er sich so den (unchristlichen) „Rache-Mord“ erspart.
Der mexikanische Regisseur Alejando Gonzáles Inárritu, der auch für das Drehbuch mitverantwortlich zeichnet, erzählt in beeindruckenden Bildern und virtuosen Sequenzen diesen Überlebens- und Rachekampf im damals noch fast unberührten Westen. Er schildert die harte Arbeit der Pelzjäger und Trapper, aber auch ihre rücksichtslos-brutale Ausbeutung der Natur und deren indigenen Bewohnern. Jedes romantische Abenteuer- und Western-Klischee wird bewußt zerstört: hier gibt es (fast) nur den egoistischen Kampf ums nackte Überleben. Hier zieht eine dumpfe Männergesellschaft marodierend durch eine grandiose, winterliche Natur-Landschaft.
Effektvoll gefilmt: geschmeidig-gleitende Kamerafahrten (Emmanuel Lubezki) wechseln temporeich zwischen detail-gespickten Großaufnahmen und eindrucksvollen Landschafts-Panoramen. Dabei wird der Blick von unten nach oben bevorzugt: daduch soll eine mysthische Überhöhung suggeriert werden: beispielsweise scheinen – in solcher Perspektive – die Wälder mit ihren schlanken, riesigen Tannen einem hohen und heiligen Dom der Natur zu gleichen.
Vielfach beherrschen Nahaufnahmen von blutigen Details die breite Film-Leinwand:  gräßliche Wunden, die die Bärien Glass an Hals und Rücken zufügt, die tödlichen Pfeile der Indianer, die sich ins Fleich der Trapper bohren, die rohen Innereien eines geschlachteten Pferdes. Sie kontrastieren wirkungsvoll mit den scheinbar erhabenen Natur-Panoramen: den leeren oder wolkenverhangenen Himmeln, den steilen und schroffen Berg-Felsen, den reißenden Flüssen und den endlosen Wäldern.
Leonardo DiCaprio verkörpert sichtlich mit großem Engagement den (historischen) Trapper Glass als überlebesgroßen „Schmerzensmann“, Tom Hardy verleiht seinem fiesen Gegner und Sohnes-Mörder Fitzgerald scharfes Profil.
Doch trotz dieser raffinierten und einfallsreichen filmischen Inszenierung hinterläßt dieser „Rückkehrer“ einen zwiespältigen Eindruck: seinem optischen Hyperrealismus steht die Unwahrscheinlichkeit  und der Geschichte entgegen: die eines alle Widrigkeiten überlebenden (Film-)Helden. Hier siegt die Konvention des Hollywood-Kinos über jede Lebens-Realität. Was in einem „romantischeren“, das heißt stilisierteren Western durchaus Sinn machen könnte. Aber nicht in dieser extrem-realistischen Deutung – auch wenn sie noch so brilliant ins Bild gesetzt ist wie hier der schmutzig-blutige Daseinskampf von Amerikas historischen „Helden“.
Poster/Verleih: Fox Deutschland

zu sehen u.a.:CineStar Sony Center (OV); Rollberg (OV und OmU); Hackesche Höfe Kino (OmU); Passage Neukölln (dt. und OmU); Kulturbrauerei (dt. und OmU); CinemaxX Potsdamer Platz; CineMotion Hohenschönhausen; Cineplex Neukölln Arcaden; Cineplex Spandau; Titaniapalast Steglitz; Cinestar Trptower Park; Cubix Alexanderplatz; CineStar Hellersdorf; CineStar Tegel; Filmtheater am Friedrichshain; Kant-Kino; UCI am Eastgate; UCI Colloseum; UCI Friedrichshain; UCI GropiusPassagen; Zoo-Palast