Verwirrende Gefühle: ‚The Danish Girl‘ von Tom Hooper***

In ausgefeilt schönen Bilder wird die wahre Geschichte des dänischen Landschaftsmalers Einar Wegener erzählt, der in den 1920er Jahren in seiner Heimat außerordendlich erfolgreich arbeitete, zusammen mit seiner Frau Gerda, die ebenfalls Malerin war. Aus Jux und Tollerei besuchte Einar Wegener zusammen mit Gerda einen Künstlerball, verkleidet als seine angebliche Kusine Lily. Doch aus Spaß wurde Ernst: Einar entdeckte in sich das Gefühl, eine Frau zu sein und nach anfänglicher Verwirrung entschloß er sich, zu zwei Operationen bei einem Spezialarzt in Dresden, wahrscheinlich die erste operative Geschlechtsumwandlung der Welt überhaupt. Er hat die Eingriffe nicht überlebt.
Der effektvoll und in wunderschönen (teils historischen) Häusern und Landschaften (Kopenhagen, Paris, Dresden) gedrehte Film von Tom Hooper („The King’s Speech“) konzentriert sich ganz auf die psychische Entwicklung seines Helden resp. Heldin, auf seine völlig unerwartete Entdeckung und Erfahrung des eigenen Körpers und dessen Sexualität, auf die dadurch entsehende Verwirrung und Unsicherheit, bis hin zur überzeugten Akzeptanz des neuen „Selbst“ und damit der bedingungslosen Bereitschaft zum riskanten, physischen Schritt einer Geschlechtsumwandlung. Soziale oder medizinisch-wissenschatliche Aspekte werden nur kurz angedeutet oder am Rand angespielt.
Um dem Zuschauer diese seelische Entwicklung des dänischen Malers begreiflich zu machen, wird seine Ehefrau Gerda als Identifikations-Figur aufgebaut. Sie ist die „normale“ Frau, die erst verwirrt, dann konsterniert und ablehnend ihrem Mann gegenübersteht. Erst im Lauf der Geschichte – und auf Grund der immer noch bei beiden bestehenden ehelichen Liebe – überwindet sie ihre Enttäuschung und Ablehung der ihr eigentlich unfaßbaren Verwandlung ihres Mannes -  bis zu Bereitschaft, ihn zu akzeptieren und ihm – so gut es geht – zu helfen.
Dazu stehen dem erfahrenen Regisseur Hooper zwei hervorragende Schauspieler zur Verfügung, die beide durch diskrete Gestaltungskunst und hoch-sensible Präsenz überzeugen. Der Brite Eddie Redmayne („My Week with Marilyn“; „Die Entdeckung der Unendlichkeit“) versteht es, alles Peinliche oder Tuntige zu vermeiden und einen  – sowohl als Einar wie als Lily – komplexen Charakter lebendig werden zu lassen. Ihm ebenbürtig die schwedische Schauspielerin Alicia Vikander („Die Königin und der Leibarzt“, „Inside WikiLeaks“), die als malende, junge Ehefrau Gerda einerseits die tiefe Liebe zu ihrem Mann und andererseits die Unfassbarkeit der Vorgänge, ihr Entsetzen darüber, ihr Entäuschung und Wut, sowie – am Schluß – Akzeptanz und selbstlose Hilfe ebenso überzeugend wie attraktiv zu gestalten weiß.
Der konservativ inszenierte Film schwelgt in üppig ausladenden und erlesenen Bildern und vermeidet alles Unschöne, Häßliche oder auch Lächerlich-Goteske dieser historisch frühen Geschlechtsumwandlung. Die Erzählung blendet entsprechende Details des Lebens von Einar Wegener aus, glättet das „Unfaßbare“ ins Gefällige. „Trangsgender“-Problematik wird fürs  große Kino und den Mainstream weichgespült. Eigentlich schade – zumal die Schauspieler mit glänzenden und „Oskar“-reifen Leistungen souverän punkten können. (Und inzwischen auch nominiert sind!)

Poster/Verleih: Universal Pictures Germany

zu sehen u.a.: Blauer Stern Pankow; Capitol Dahlem; CinemaxX Potsdamer Platz; CineStar Potsdamer Platz (OV); Delphi; Hackesche Höfe Kino (OmU); International (dt. und OmU); Kino in der Kulturbrauerei; Odeon (OmU); Rollberg (OmU); New York