Sphinx mit Kodderschnauze: ‚Die Perlen der Cleopatra‘ in der Komischen Oper Berlin****

CleopatraOscar Straus, östereichischer Komponist und nicht verwandt mit der berühmten Walzer-Dynastie, schrieb 1923 für den damaligen Super-Star und Bühnen-Liebling Frizzi Massary die drei-aktige Operette „Die Perlen der Cleopatra“. Erfolgreich uraufgeführt in Wien und später auch im Berliner Theater am Nollendorfplatz, bis die Massary wegen der Nazi-Diktatur Deutschland verlassen mußte, und auch die „Perlen der Cleopatra“ im Bühnen-Nil veranken.

Jetzt hat Intendant und Regisseur Barrie Kosky den versunkenen „Perlen“-Schatz wieder gehoben und ihm in einer kunterbunten und witzigen Inszenierung in der Komischen Oper Berlin zu neuem Glanz verholfen. Die Operette ist zwar – im Gegensatz zu Koskys Meinung –  kein Meisterwerk, besitzt aber hübsche, wenn auch nicht Hit-verdächtige Musik, sowie schlagfertige, kabarettreife Dialoge, krankt jedoch an dramaturgischen Schwächen (die falschen Revolutionäre, die angebliche Hungerkatastrophe), was – besonders vor der Pause – das bis dahin flotte Spiel-Tempo unschön drosselt.

Im Mittelpunkt der „historischen“ Ereignisse steht die ägyptische Königin Cleopatra, die zwar fast alles besitzt, nämlich Reichtum und Macht, aber immer noch auf die große Liebe wartet. Bis dahin testet sie diverse Liebes-Sklaven, unter anderen einen Prinzen aus Persien und einen römischen Offizier, indem sie jeweils eine ihrer Liebesperlen in deren Weinglas mischt, sozusagen das Viagra der Antike. Doch leider vergebens, erst als im Schlußakt der schon ältere, etwas trottelige Feldherr Marcus Antonius auftaucht, finden sich das richtige Paar, und Cleopatra bittet Antonius so freudig wie drastisch, sein „Schwert“ in der „Scheide“ zu lassen…

Dagmar Manzel spielt diese Cleopatra virtuos: sie singt und zwitschert, grölt und jodelt, ist feine Dame und schlaue Sphinx, mal resolute Herrscherin, mal derbe Göre. Immer wieder fällt sie auf komische Weise aus geziertem „King’s Speach“ in berlisch-ordinären Dialekt, kommentiert lustvoll und ironisch sich selbst, ihre Hofschranzen oder ihre Liebhaber.  Am köstlichsten jedoch zeigt sich diese Cleopatra im heftig-witzigen Schlagabtausch mit ihrer Katze Ingeborg – eine fulminante „Bauchredner.Nummer“, denn die Katze ist lediglich eine Hand-Puppe, die sich Manzel über die rechten Finger gestülpt hat.

Aber auch ihre Partner sind nicht auf den Mund gefallen: Dominique Horwitz als intrigant-unterwürfiger Minister Pampylos , Dominik Köninger als eitel-blonder, römischer Offizier Silvus und – im Schlußakt – Peter Renz als pummeliger Triumphator Marc Anton.

Attraktiv und sexy zeigt das Tanzensemble viel nackte Haut und flotte Schritte (vom Choreographen Otto Pichler effektvoll erdacht). Bunt gewandet und mit hohen Nofretete-Hüten bildet der Chor den klangschönen Hintergrund, während Vorhang und Wände in schicker, schwarz-weißer Op-Art-Design elegant hoch- und nieder gleiten. (Bühnenbild: Rufus Didwiszus). Eine Augenweide sind die Kostüme, die Victoria Behr mal im historischen, mal im modernen Schnitt schneidern ließ, eine raffinierte Mischung aus seidigen Roben und glitzernden Pailletten-Panzern.

Natürlich haben Regisseur Kosky und Dirigent Adam Benzwi die alte Operette in Wort und Ton heutigem Empfinden angepaßt. Die kecken Dialoge funkeln unaufdringlich mit aktuellen Anspielungen, das Orchester ist bestens aufgelegt, Adam Benzwi heizt den Musiker kräftig ein und läßt die Puppen tanzen, ob Walzer. Foxtrott oder Quick-Step.  Heiße Nächte am „historischen“ Nil, Liebesspiele mit Kodderschnauze, eine burleske Klamotte und ein riesiger Erfolg beim animierten Publikum.

Foto: Iko Freese / drama-berlin.de / Komische Oper Berlin

Premiere: 3.Dezember 2016 / weitere Vorstellungen: 7./10./13./15./19./21./28./31.Dez.16